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In
Video- und Soundarbeiten, Installationen und Objekten setzt sich die
deutsch-vietnamesische Künstlerin Sung Tieu (*1987 in Hai Duong /
Vietnam, lebt in Berlin) mit den Zusammenhängen von Architektur und
Ideologie, Bürokratie und Machtstrukturen sowie den Auswirkungen des
Kalten Krieges auseinander.

Sung Tieu © Foto: Nadine Fraczkowski
Sung Tieu © Foto: Nadine Fraczkowski © Foto: Nadine Fraczkowski

Im Zentrum von Tieus Ausstellung im n.b.k. steht das „Objekt Gehrenseestraße“, einer der größten Wohnheimkomplexe der DDR, der Anfang der 1980er Jahre im Berliner Bezirk Lichtenberg errichtet wurde.

Die aus neun baugleichen Gebäudeblocks bestehende Plattenbausiedlung diente von 1982 an vornehmlich als Unterkunft für DDR-Vertragsarbeiter*innen, insbesondere aus Vietnam, die hier unter strengen Reglementierungen auf rund 5 m2 Wohnfläche pro Person und unter ständiger Aufsicht wohnten.

Nach der Wende wurden in den Wohnheimen Asylbewerber*innen und später Bürgerkriegsflüchtlinge unter anderem aus dem ehemaligen Jugoslawien oder dem Mittleren Osten untergebracht. Seit 2003 stehen die Gebäude leer.

Nach aktuellen Planungen soll 2023 deren Abriss vorgenommen und unter dem Namen Quartier Gehrenseestraße ein neues Wohn- und Geschäftsviertel auf der Fläche errichtet werden.

Tieu selbst lebte von 1994 bis 1997 in einem der Gebäude in der Gehrenseestraße. In ihren Arbeiten thematisiert sie wiederholt die besondere Rolle der DDR-Vertragsarbeiter*innen und die ihnen auferlegten bürokratischen Zwänge, sowohl vor als auch nach der Wende.

Durch eine strenge formale Zuspitzung, die auf Gesten und Diskurse von Minimalismus und Abstraktion Bezug nimmt, diese aber zugleich subtil unterwandert, arbeitet Sung Tieu die in Architekturen zementierten oder in administrativen Dokumenten eingeprägten Ideologien heraus.

Die Künstlerin verweist in ihrer Arbeit konkret auf die Organisation von Fläche und Volumen, welcher, auch jenseits der Kunst, eine gesellschaftliche Rolle als Instrument der Gouvernementalität zukommt, deren Wirksamkeit sich insbesondere in Hafträumen und staatlichen Architekturen manifestiert.

Im n.b.k. Showroom wird diese Verbindungslinie durch eine Stahlskulptur, die auf dem Grundriss des Gebäudes in der Gehrenseestraße basiert, sowie durch einen Eingriff im Raum verdeutlicht, bei dem mittels Perforierungen in der Wand die Umrisse eines dahinterliegenden Fensters angedeutet und so der Eindruck eines Wohnraums evoziert werden.

Vier DIN A4 große, in die Wand eingelassene Gipsarbeiten mit geometrischen Zeichnungen markieren darüber hinaus den zweidimensionalen Raum, der in den Formularen für eine Aufenthaltsgenehmigung in Deutschland durch die Antragstellenden auszufüllen ist.

  • Kuratorin: Anna Lena Seiser
Zusätzliche Informationen
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