Nach der Wende wurden in den
Wohnheimen Asylbewerber*innen und später Bürgerkriegsflüchtlinge unter
anderem aus dem ehemaligen Jugoslawien oder dem Mittleren Osten
untergebracht. Seit 2003 stehen die Gebäude leer.
Nach aktuellen
Planungen soll 2023 deren Abriss vorgenommen und unter dem Namen
Quartier Gehrenseestraße ein neues Wohn- und Geschäftsviertel auf der
Fläche errichtet werden.
Tieu selbst lebte von 1994 bis 1997 in einem
der Gebäude in der Gehrenseestraße. In ihren Arbeiten thematisiert sie
wiederholt die besondere Rolle der DDR-Vertragsarbeiter*innen und die
ihnen auferlegten bürokratischen Zwänge, sowohl vor als auch nach der
Wende.
Durch eine strenge formale Zuspitzung, die auf Gesten
und Diskurse von Minimalismus und Abstraktion Bezug nimmt, diese aber
zugleich subtil unterwandert, arbeitet Sung Tieu die in Architekturen
zementierten oder in administrativen Dokumenten eingeprägten Ideologien
heraus.
Die Künstlerin verweist in ihrer Arbeit konkret auf die
Organisation von Fläche und Volumen, welcher, auch jenseits der Kunst,
eine gesellschaftliche Rolle als Instrument der Gouvernementalität
zukommt, deren Wirksamkeit sich insbesondere in Hafträumen und
staatlichen Architekturen manifestiert.
Im n.b.k. Showroom wird diese
Verbindungslinie durch eine Stahlskulptur, die auf dem Grundriss des
Gebäudes in der Gehrenseestraße basiert, sowie durch einen Eingriff im
Raum verdeutlicht, bei dem mittels Perforierungen in der Wand die
Umrisse eines dahinterliegenden Fensters angedeutet und so der Eindruck
eines Wohnraums evoziert werden.
Vier DIN A4 große, in die Wand
eingelassene Gipsarbeiten mit geometrischen Zeichnungen markieren
darüber hinaus den zweidimensionalen Raum, der in den Formularen für
eine Aufenthaltsgenehmigung in Deutschland durch die Antragstellenden
auszufüllen ist.