
Wer sind wir, wenn sich alles verändert? Welche Instinkte müssen wir unterdrücken, um dazuzugehören? In der Ausstellung HYSTERIA lädt das gefeierte Künstlerduo Cooper & Gorfer uns ein, in eine emotionale Landschaft einzutauchen – einen Ort, an dem Chaos und Klarheit, Wut und Zärtlichkeit, Mythos und Erinnerung gleichberechtigt nebeneinander bestehen.
Fotografiska Berlin präsentiert mit HYSTERIA nicht nur eine Ausstellung, sondern eine Art Erweckung – eine tiefgehende Reflexion über Identität, Wandel und die ungebrochene Kraft weiblicher kollektiver Erfahrungen.
Basierend auf beinahe zwei Jahrzehnten intensiver Zusammenarbeit haben sich Cooper & Gorfer in ihrem Werk besonders mit weiblichen Narrativen auseinandergesetzt – vor allem jenen, die von Erinnerung, Migration und Entwurzelung geprägt sind.
Ausgehend von der Fotografie erweitern sie ihre Ausdrucksformen um Collage, Stickerei und Malerei. Die daraus entstehenden Werke sind mehr als Porträts – sie sind emotionale Topografien, figürlich und doch entrückt, fragmentiert und doch zutiefst menschlich.
Inspiriert vom surrealistischen Spiel Cadavre Exquis, erschaffen die beiden Künstlerinnen visionäre Göttinnen – weibliche Hybride, zusammengesetzt aus geteilten Gliedmaßen, zersplitterten Erinnerungen und archaischen Symbolen. Diese Figuren repräsentieren keine einzelnen Identitäten, sondern stehen für eine kollektive Kraft, die aus Verletzlichkeit geboren wird. Als Wächterinnen und Unruhestifterinnen zugleich verkörpern sie Widerstand, Verwandlung und radikale Selbstermächtigung.
Der Titel HYSTERIA selbst ist eine bewusste Aneignung – ein Widerstand gegen Jahrhunderte der Pathologisierung.
Vom griechischen Ursprung des Begriffs (Hystera = Gebärmutter) über seine medizinische Verankerung im 19. Jahrhundert bis hin zu seiner abwertenden Verwendung als kulturelles Stereotyp diente "Hysterie" lange als Mittel zur Kontrolle und Abwertung weiblicher Emotion. Hier aber wird der Begriff umgedeutet – nicht als Symptom, das unterdrückt, sondern als Gefühlsraum, der erforscht werden will. Ein Ort innerer Widersprüche, die nicht aufgelöst, sondern gefeiert werden.
HYSTERIA ist Mythos und Magie, Bedeutungschaos und Körperpoesie zugleich – eine sinnliche Reise durch die vielen Schichten unseres Selbst. Es geht nicht ums bloße Anschauen. Es geht um Präsenz. Verletzlichkeit. Erinnerung. Und vor allem: Transformation.
Über die Künstlerinnen
Sarah Cooper (USA, 1974) und Nina Gorfer (Österreich, 1979) sind als Künstlerduo Cooper & Gorfer international bekannt für ihre eindrucksvollen, narrativen Porträts. Seit 2006 verschmelzen sie Fotografie mit Malerei, Collage und Textilkunst zu visuell komplexen, mythisch aufgeladenen Werken, die zwischen Realität und Fiktion oszillieren.
Ihr künstlerisches Schaffen wurzelt in einem kollaborativen Prozess mit den Porträtierten – oft Frauen, deren Geschichten von Erinnerung, Identität und Ausgrenzung erzählen. Die Bildsprache von Cooper & Gorfer gibt diesen Geschichten eine poetische Form – und schafft Räume, in denen das Frausein in all seinen Facetten Ausdruck findet: fragil und mächtig, individuell und universell, politisch und zutiefst menschlich.