von Rainald Goetz
Baracke erzählt von Liebe und Familie, doch nicht von Romantik. Zur Wahrheit der Familie gehört die von Anfang an präsente Gewalt, das Geheimnis, der Horror. Über allem schwebt das Schweigen der Väter, die Erstarrung der Mütter, das Aussparen der Wahrheit – und das Weiterleben in den Körpern der Kinder, von Generation zu Generation.
Bea und Ramin verlieben sich, werden ein Paar und trennen sich wieder. Beide gehören zu einer Clique von Jugendlichen aus dem thüringischen Krölpa, die um 1977 geboren sind. Später verbindet sich Bea mit einem anderen Mann aus der früheren Jugendclique: Uwe ist Teil jener Bewegung, die in Opposition geht zu der Elterngeneration und sich radikalisiert. Mit Uwe bekommt Bea ein Kind, mit ihm entsteht Familie.
Die Fäden der Verwandtschaft reichen bis nach Westdeutschland, wo die Drei im Kreis der Münchner Großfamilie Hochzeit feiern. Später verlässt die Familie die ärmlichen Verhältnisse in Krölpa und zieht in das Dresdner Villenviertel Weißer Hirsch. Doch die Vergangenheit wird zur Gegenwart und die Familie scheitert. Für den Vater bleibt nur, die letzte Konsequenz zu ziehen.
Baracke ist ein Familienstück: über Familie, Gewalt und über Deutschland. Es erzählt den Lebenslauf der Liebe über gut dreißig Jahre, über eine Generation hinweg.
Als scharfsinniger Chronist führt uns Rainald Goetz' virtuose Gedanken- und Verlinkungsmaschinerie in ein Museum des 21. Jahrhunderts. Er stellt Analogien her zur rechtsterroristischen NSU - jüngere Vergangenheit und Gegenwart verdichten sich zu einem radikalen Jetztexzess. Mit sensiblem Sprachgefühl, Menschenkenntnis und feinsinniger Beobachtungsgabe bringt Goetz das gesellschaftliche Bewusstseins zum Sprechen und zeichnet in stromartigen Gedankenkaskaden Bilder einer ambivalenten Gegenwart.
Baracke wird so zu einer Revolte des Sprechens gegen das Schweigen.
Regie: Claudia Bossard
#Familie #deutsche Geschichte #Gewaltspirale
Teilnehmende Künstler
Claudia Bossard (Regie)
Elisabeth Weiß (Bühne)
Andy Besuch (Kostüme)
Annalena Fröhlich (Sound und Video)
Daniel Richter (Dramaturgie)
Mareike Beykirch
Frieder Langenberger
Daria von Loewenich
Janek Maudrich
Jeremy Mockridge
Evamaria Salcher
Andri Schenardi
Natali Seelig
Jurek Lane Mio Südhoff