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Treppenhaus im Siemens Schaltwerk-Hochhaus
Treppenhaus im Siemens Schaltwerk-Hochhaus © visitBerlin, Foto: Steve Simon

Wernerwerk Schaltwerk-Hochhaus

Ein Symbol der Moderne

Berlin ist in den 1920er Jahren nicht nur eine verruchte und verführerische Metropole. Sie ist auch 'Elektropolis' – die Stadt der Elektrizität und des Lichts.

Seinen Ruf als Elektropolis verdankt Berlin vor allem den Elektrokonzernen AEG und Siemens. Sie errichten Anfang des 20. Jahrhunderts am Rande der deutschen Hauptstadt gigantische Fabrikanlagen – und einen Meilenstein der Industriearchitektur: das Schaltwerk-Hochhaus der Siemens AG. Es ist das erste Fabrikhochhaus Europas.

Wernerwerk Schaltwerk-Hochhaus in Berlin

Zwischen 1926 und 1928 entsteht dieser Neubau nach einem Entwurf des Siemens-Hausarchitekten Hans Hertlein im Stil der Neuen Sachlichkeit. Fassade und Baustruktur sind zweckgebunden und funktional. Im Inneren produzieren die Siemens-Beschäftigten dank eines gut durchdachten Systems auf insgesamt elf Etagen.

Wie nachhaltig dieses Konzept ist, zeigt sich auch heute. Wie vor fast hundert Jahren produziert Hertleins Industriehochhaus noch immer modernste Schaltanlagen. Laden Sie sich die kostenlose Siemens-in-Berlin-App herunter und tauchen Sie vor Ort in die faszinierende Geschichte dieses Industriemonuments ein.

Fassadendetails des Siemens Schaltwerk-Hochhaus in Berlin

Siemens auf dem Weg zum Weltkonzern

Telegrafen, Telefone, Kabel, Elektromotoren, Aufzüge, U-Bahnen: Siemens entwickelt Produkte am Puls der Zeit (Siemens - Made in Berlin). Ende des 19. Jahrhunderts dehnt sich die Firma so sehr aus, dass die Berliner Innenstadt für ihre Anlagen zu klein wird. Stattdessen entsteht in Spandau ein neuer Stadtteil – Siemensstadt.

Und Siemensstadt ist ein kompletter Stadtteil. Nicht nur Fabrikanlagen entstehen, sondern auch eigene Wohngebiete wie das heutige UNESCO-Welterbe Großsiedlung Siemensstadt.

Neue Technologien brauchen neue Räume

Zunächst konkurrierten Gleich- und Wechselstrom um die Rolle als zukünftiger Standard für die Energieversorgung der Städte. Erzeugten die ersten Kraftwerke noch Gleichstrom, setzte sich Ende des 19. Jahrhunderts der effizientere Wechselstrom durch. Um ihn einzusetzen, benötigen die Netzbetreiber Schaltanlagen. Siemens steigt rasch in die Produktion dieser neuen Technologie ein.

Im Jahr 1926 beschließt der Konzern, die gesamte Schaltanlagen-Produktion an einem einzigen Ort zu konzentrieren. Dafür wäre eigentlich ein riesiges Areal notwendig. Doch Siemens-Architekt Hans Hertlein hat eine revolutionäre Idee: Die Produktionsanlagen nicht nebeneinander, sondern in die Höhe zu bauen.

Treppenhaus im Siemens Schaltwerk-Hochhaus

Das Fabrik-Hochhaus

Innerhalb von zwei Jahren entsteht an der Nonnendammallee eine neue Schaltwerk-Produktion mit bis dato unbekannten Dimensionen. Ein regelrechtes Fabrik-Hochhaus:

  • Elf Stockwerke (inklusive Kellergeschoss)
  • 45 Meter hoch
  • 175 Meter lang
  • Nutzfläche: 34.000 Quadratmeter

Hertlein erschafft einen Stahlskelettbau und wählt Klinker für die Außenverkleidung. Auf eine repräsentative Dekoration verzichtet er völlig. Einzige Ausnahme ist das Firmenlogo der Siemens-Schuckert-Werke, das sich nicht bis heute erhalten hat. So viel Funktionalität im Stil der Neuen Sachlichkeit haben Hertleins Zeitgenossen vielleicht schon an Bürogebäuden entdeckt, aber noch nie zuvor an einer Fabrikanlage dieser Dimension.

Funktion bestimmt das Design

Nur die rechteckigen weißen Fenster gliedern die Außenfassade. Es ist gerade dieser Mangel an Dekor, der das Schaltwerk-Hochhaus monumental erscheinen lässt. Hierzu tragen auch die turmartigen Pfeiler in der Fassade bei. Sie sind kein Schmuck, sondern haben gleich zwei Funktionen. Erstens beinhalten sie Treppenhäuser, Aufzüge und Sanitäranlagen. Zweitens stabilisieren sie das Gebäude gegen den Winddruck.  

Fassade des Siemens Schaltwerk-Hochhaus

Optimierte Produktion und ein frühes Großraumbüro

Im Innern arbeiten die Siemens-Beschäftigten nicht nur auf verschiedenen Etagen. Hertlein hat die Produktion so angeordnet, dass sich die Transportwege nicht kreuzen und die Abläufe jeweils so effizient wie möglich verlaufen.

Im zweiten Stock hat Hertlein zum Beispiel den Boden extra verstärkt, der dadurch die schweren Maschinen der Verarbeitungswerkstatt tragen kann. Im vierten Stock lernen die Auszubildenden ihre Berufe und im fünften sind die Fließbänder der eigentlichen Schaltanlagenproduktion.

Alle Stockwerke bestehen aus einem durchlaufenden Saal, der die gesamte Gebäudelänge von 175 Metern umfasst. Die Betriebsleitung kann die Räume dadurch flexibel aufteilen. Und zwar nicht nur in den Produktionshallen, sondern auch in der kaufmännischen Abteilung im achten und der Konstruktionszentrale im obersten Geschoss. Dort sind die offenen Hallen nichts anderes als moderne Großraumbüros.

Innovationen gestern und heute

Mit viel Glück übersteht das Schaltwerk-Hochhaus auch den Zweiten Weltkrieg. Während die Luftangriffe die Siemensstadt und die umliegenden Flachbauten des 

Schaltwerks schwer beschädigen, kommt Hertleins Fabrikhochhaus fast ohne Treffer davon. Auch die Demontagen der sowjetischen Besatzungstruppen unmittelbar nach Kriegsende können dem Werk nicht viel anhaben. Schon 1946 läuft der Fertigungsbetrieb wieder.

Und nicht nur das: Das Schaltwerk entwickelt sich geradezu zu einem Symbol des westdeutschen „Wirtschaftswunders“. Im Jahr 1952 besucht Bundeskanzler Konrad Adenauer das Werk und sechs Jahre später der Regierende Bürgermeister von West-Berlin, Willy Brandt.

Das Schaltwerk kommt nicht in die Jahre. Siemens modernisiert seine Technologien und Produktionsabläufe in den nächsten Jahrzehnten, ohne in dem historischen Bauwerk an Grenzen zu stoßen. Im Gegenteil: Im Jahr 2010 investiert Siemens erneut in eine umfassende Modernisierung des Fabrik-Hochhauses, das seit 1994 als Ikone der Industriearchitektur unter Denkmalschutz steht.

Siemensstadt 2.0

Die Zukunft des Schaltwerk-Hochhauses

Das Schaltwerk-Hochhaus produziert bis heute modernste Schaltanlagen und ist darüber hinaus das weltweite Siemens-Kompetenzzentrum für Forschung und Entwicklung in der Schalttechnologie.

Doch große Änderungen stehen bevor. Siemens möchte seinen traditionsreichen Standort in Spandau zu einem Zukunftscampus umbauen. Wie vor einhundert Jahren geht es um die Kombination eines modernen Technologiestandorts mit Wohn- und Freizeitanlagen:

  • Forschungszentren für autonomes Fahren und Lösungen beim Klimaschutz
  • Preiswerte Wohnungen
  • Neue Erholungsflächen mit viel Grün

600 Millionen Euro sollen in diese Siemensstadt 2.0 fließen. Bis zum Jahr 2030 soll alles fertig sein. Dann wird das altehrwürdige Schaltwerk-Hochhaus nicht mehr der Produktion dienen, sondern als Standort für Wohnungen, Büros und ein Hotel.

❗️Unsere Tipps rund um das Schaltwerk-Hochhaus

Da das Schaltwerk-Hochhaus heute wie gestern eine moderne Produktionsstätte ist, können Sie das Innere leider nicht besichtigen. Laden Sie sich stattdessen die kostenlose Siemens-in-Berlin-App im App Store oder bei Google Play herunter und erfahren Sie dort mehr über die Geschichte des Schaltwerk-Hochhauses und weitere Baudenkmäler des traditionsreichen Berliner Konzerns. 

Nur eine U-Bahn-Station entfernt befindet sich am U-Bahnhof Siemensdamm die Unesco-Welterbe-Siedlung Siemensstadt, die Star-Architekten wie Walter Gropius, Hans Scharoun oder Otto Bartning errichteten. Und wenn Sie ein Kontrastprogramm zur Industriemoderne suchen, fahren Sie einfach mit der U7 wenige Stationen nach Westen. Dort können Sie die Zitadelle Spandau besichtigen oder einen Kaffee in der Spandauer Altstadt genießen.

 

❗️Praktische Tipps von visitBerlin

Zum Siemens Schaltwerk-Hochhaus fahren Sie am besten mit der U-Bahn-Linie 7 bis zur Haltestelle Rohrdamm. Um die Stadt zu erkunden, empfehlen wir für den öffentlichen Nahverkehr die Berlin Welcome Card.