Fotografien 1988 - 2023
Seit über dreißig Jahren widmet sich Frank Gaudlitz der fotografischen Erforschung der Entwicklung Russlands. Seine Reise begann im Jahr 1988, den letzten Jahren der Sowjetunion. In den 1990er Jahren schuf er anhand individueller Lebenssituationen ein psychologisches Porträt dieser prägenden Übergangszeit.
Mit seiner analogen Kleinbildkamera bewegte Frank Gaudlitz sich unauffällig durch die Umgebung. Er fing Stimmungen auf den Straßen, Schwarzmarkt- und Bahnhofssituationen ein und scheute nicht davor zurück, Industrieanlagen, Betriebe oder Sperrgebiete zu betreten, um aussagekräftige Motive zu finden. Nähe und Unmittelbarkeit waren stets essentiell für seine Fotografien. Durch das Eingehen auf herausfordernde Lebensumstände schuf er eine besondere Verbindung zu den Menschen – als Anwesender auf Augenhöhe und als Fotograf.
Mit einem größeren zeitlichen Abstand beschäftigte er sich erneut mit den Veränderungen in Russland in den Jahren 2017/18. Dabei liegt der Fokus dieser Arbeit im Spannungsfeld zwischen Inszenierung und Realität. Gezielt erkundete er ideologische und touristische Klischees der russischen Gesellschaft und besuchte Orte, an denen ein patriotisches Bildvokabular verwendet wurde, das aus der kommunistischen Ära zu stammen scheint.
Die Ausstellung präsentiert zudem Werke aus dem Projekt "Kosmos Russland". Im Jahr 2021 folgte Gaudlitz Alexander von Humboldts eurasischer Reiseroute von St. Petersburg bis ins sibirische Tobolsk. Dabei fotografierte er verdichtete Stadträume, in denen sich improvisierte und ideologische Räume sowie unterschiedliche Zeitebenen überschneiden. Menschen tauchen jedoch nicht auf, sondern sind lediglich kurzzeitig abwesende Bewohner:innen, die den freien Blick auf ihre Umgebung gewähren.
Aufgrund des russischen Angriffskriegs in der Ukraine konnte die geplante zweite Etappe von Omsk bis Astrachan nicht umgesetzt werden. Stattdessen bereiste er 2022/23 die ehemaligen Unionsrepubliken Moldau, Georgien und Armenien, die von großen Flüchtlingsströmen aufgrund des Krieges betroffen waren. Er porträtierte Menschen, die ihre Heimat verlassen mussten. Diese Porträts sowie Berichte über ihre Schicksalswege werden erstmals als "Work in Progress" präsentiert.