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Bauhaus Denkmal Bundesschule Bernau
Das UNESCO-Welterbe-Denkmal Bundesschule Bernau (Bauhaus) © Baudenkmal Bundesschule Bernau e.V. Foto: Peter Steininger

Bundesschule des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes (ADGB)

Fortschritt in Stein, Stahl und Glas

Die Bundesschule des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes (ADGB) in Bernau bei Berlin steht in der Baulandschaft in und um die Hauptstadt für Fortschritt und Technik der Berliner Moderne. Sie ist ein Werk des weltbekannten Bauhauses und zählt zum UNESCO-Welterbe.

Im 20. Jahrhundert ist das Bauhaus die bedeutendste Schule für Design, Architektur und Kunst. Vor fast 100 Jahren entwickeln die am Bauhaus wirkenden Architekten und Gestalter weltweit wirkmächtige und nachhaltige Ideen.

Das Bauhausideal

Die Bundesschule in Bernau wird 1930 fertiggestellt und entsteht unter maßgeblicher Beteiligung von Hannes Meyer, damals Direktors des Bauhauses, und Hans Wittwer, damals Meister der Bauabteilung und Leiter des Baubüros am Bauhaus. Am Rande Berlins entsteht ein Musterbeispiel für eine gegliederte und frei in den naturbelassenen Landschaftsraum komponierte Anlage.

Preisgekröntes Welterbe

Der Gebäudekomplex steht seit 1977 unter Denkmalschutz und ist seit Juli 2017 Bestandteil der Liste des UNESCO-Welterbe. Die UNESCO-Welterbestätten des Bauhauses in Dessau und Weimar sind so vervollständigt worden. Die Schule zeigt sich heute nahezu vollständig im original wiederhergestellten Zustand. Die restaurierte Bundesschule wird 2007 mit dem Brandenburgischen Architekturpreis ausgezeichnet und 2015 erhält der Verein baudenkmal bundesschule bernau e. V. für seine Bemühungen um die Bundesschule den Brandenburgischen Baukulturpreis/Initiativpreis.

Architektonische Besonderheiten

Neun Bauteile bilden heute den historischen Gesamtkomplex: Eingang, Aula, Speisesaal, Glasgang, Internatshäuser, Sporthalle, Seminarhäuser, Lehrer:innenhäuser und die Bibliothek. Während die Eingangssituation und einige weitere Teile des Ensembles in der 1950er Jahren stark verändert werden, strahlen die meisten Gebäudeteile nach der Generalsanierung der Jahre 2001 - 2007 wieder in den Farbigkeiten und der lichten Formsprache, für die das Bauhausdesign weltberühmt geworden ist.

Besonders beeindruckend ist der originalgetreu restaurierte Speisesaal mit seiner grazilen Betonrippenkontruktion und den riesigen Oberlichtern aus hunderten Glasbausteinen. Der das Gebäude prägende überdachte und lichtdurchflutete Glasgang ist wieder als die dominierende Achse des Gebäudes und Ort der Kommunikation erlebbar. Klassisch Bauhaus: In den einzelnen Internatshäusern sind zu besseren Orientierung die Treppenhäuser unterschiedlich farbig gestaltet.

Die Raumaufteilung, die raffinierte Belichtung und die Versorgung mit Bädern, Gemeinschaftsräumen und Kommunikationsflächen folgt den fortschrittlichen und demokratischen Lehr- und Lerntraditionen des Bauhauses. Die in der Nähe des künstlich angelegten Teichs und Freibades gelegenen Räume und Gebäudeteile sind mit Blick auf diesen Freiraum geöffnet - die Sporthalle lässt sich sogar an dieser Seite fast komplett öffnen.

Bauhaus Denkmal Bundesschule Bernau
Bauhaus Denkmal Bundesschule Bernau © Baudenkmal Bundesschule Bernau e.V. Foto: Peter Steininger

Zur Geschichte der Bundesschule

Weimarer Republik

Als die Bundesschule des ADGB 1930 als erste zentrale gewerkschaftliche Bildungsstätte der Verbände und des ADGB feierlich eröffnet wird, bietet sie Platz für 120 Lehrgangsteilnehmer:innen. Es werden Kurse und Lehrgänge für Jugendleiter:innen, Betriebsrät:innen, Arbeitsrichter:innen u.a. angeboten. Insgesamt belegen in der kurzen Zeit bis zur faschistischen Machtergreifung mehr als 4.000 Gewerkschafter:innen hier Kurse – davon immerhin 15 - 20 Prozent Frauen. Die Lehrer:innen vermitteln Grundkenntnisse auf sozialpolitischen, wirtschaftspolitischen und arbeitsrechtlichen Gebieten. Hauptamtliche Vertreter:innen der jeweiligen Verbände vermitteln zusätzliches Wissen zu organisations- und berufsspezifischen Problemen, zur Geschichte und zu aktuellen politischen Fragen. Darüber hinaus stehen „praktische Übungen“, „schriftliche Arbeit“ sowie „Sport und Körperpflege“ auf dem Lehrplan. Meist in den Abendstunden folgen kulturelle Veranstaltungen, die zum Pflichtprogramm gehören. Mit diesem Konzept steht die Schule in der Tradition gewerkschaftlicher Bildungsarbeit seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts.

Die Bundesschule im Nationalsozialismus

Am 2. Mai 1933 besetzt die Berliner Sturmabteilung (SA) - die paramilitärische Kampforganisation der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) - die Bundesschule. Die anwesenden Gewerkschaftsschüler:innen müssen das Areal verlassen. Am 16. Juni 1933 wird die Schule als Reichsführerschule der NSDAP und der Deutschen Arbeitsfront (DAF) von Adolf Hitler persönlich eingeweiht. Jetzt werden hier Spitzenfunktionäre der NSDAP, der DAF und der Nationalsozialistischen Betriebszellenorganisation (NSBO) geschult.

Bekannte NS-Vertreter wie der Propagandaminister Joseph Goebbels, der Ideologe Alfred Rosenberg, der Herausgeber der antisemitischen Wochenzeitung Der Stürmer Julius Streicher und der Leiter der DAF Robert Ley halten hier Vorträge. Der Unterricht ist militärisch geprägt. Auf dem Schulgelände entstehen ein Schießstand und wehrsportliche Anlagen. In den Jahren 1941 bis 1943 tagt hier das Reichssicherheitshauptamt (RSHA) und berät über Rassenpolitik sowie Deportations- und Siedlungspolitik.

Nachkriegszeit und DDR

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges untersteht die Anlage der Sowjetischen Militäradministration (SMAD) und die Rote Armee nutzt sie als Lazarett und Militärunterkunft. Jedoch bereits Ende 1945 erhebt der neu gegründete Freie Deutsche Gewerkschaftsbund (FDGB) seinen Anspruch auf das 1933 geraubte Gewerkschaftseigentum. Die Rückgabe erfolgt 1946 und schon 1947 eröffnet die FDGB-Bundesschule „Theodor Leipart“, 1952 wird daraus die Gewerkschaftshochschule „Fritz Heckert“. Die Ausbildung schließt jetzt mit der Vergabe eines Diploms ab.
Es gibt Lehrstühle und Institute für Politische Ökonomie, Betriebswirtschaft, Sozialpolitik, Arbeitsrecht, Geschichte der deutschen und internationalen Arbeiterbewegung, Philosophie und Kulturpolitik der Gewerkschaften.

Mauerfall, Zeit der politischen Wende, Gegenwart

Mit der Auflösung des FDGB 1990 wird die Hochschule geschlossen und alle Mitarbeiter werden entlassen. Der Erhalt und die Nutzung des denkmalgeschützten Gebäudes und der Außenanlagen bleibt lange ungewiss bis im Jahr 2001 die Handwerkskammer Berlin (KKW) neue Eigentümerin und Nutzerin des Baudenkmals wird. Heute befindet sich in den Gebäuden der Bundesschule ein Seminar- und Lehrgangshotel der HKW. In den historischen und in neu errichteten Gebäuden arbeitet darüber hinaus das BarnimWissensZentrum. Es bietet eine kostenfreie qualifizierte Berufsausbildung in staatlich anerkannten Berufen in den Bereichen Wirtschaft und Verwaltung und Soziales.

Führungen:

Das Bauhaus-Ensemble kann bei Führungen besichtigt werden. Auch zum Tag des offenen Denkmals und zur Triennale der Moderne finden öffentliche Veranstaltungen statt.

Anfahrt mit dem ÖPNV:

S-Bahn oder Regionalbahn bis Bahnhof Bernau (bei Berlin) und dann weiter mit dem Bus bis zur Station Bernau, Waldfrieden.

Umfassende Informationen zu den Bauten der Berliner Moderne und ihrer Geschichte finden Sie auf unserer Webseite:

Zur Architektur der Berliner Moderne

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