
Herbst
Das Haus am Lützowplatz (HaL) zeigt als Partner der Berlin Art Week 2025 die Einzelausstellung HERBST von Ruprecht von Kaufmann. Sie wurde speziell für die Räume des Kunstvereins konzipiert und umfasst – mit einer Ausnahme – ausschließlich Werke, die seit Ende 2024 entstanden sind.
Ruprecht von Kaufmann geht es bei dem Projekt um die Verschränkung aktueller gesellschaftlicher und politischer Entwicklungen mit jenen der Weimarer Republik vor rund einhundert Jahren. Die Parallelen sind zahlreich – und häufig beunruhigend. In den 1920er-Jahren wuchs die Unzufriedenheit mit dem politischen System; wirtschaftliche Verwerfungen führten zu ideologischer Radikalisierung und eskalierten in Hass und der Verfolgung Andersdenkender.
Heute erleben wir erneut eine Phase tiefgreifender Umbrüche – geprägt von einer nicht endenden Serie von Krisen am Ende des fossilen Industriezeitalters. Und wieder scheint die Demokratie gefährdet zu sein: durch das Erstarken rechtspopulistischer Kräfte und eine wachsende Bedrohung eines Krieges in Europa. Unter diesem Eindruck hat Ruprecht von Kaufmann Otto Dix (1891–1969) als künstlerischen Referenzpunkt gewählt, um sich der Frage zu stellen, wie ein Künstler heute den „Tanz einer Gesellschaft am Abgrund“ bildnerisch fassen kann.
Entstanden ist ein Panoptikum zeitgenössischer Figuren: Punks, die den Passanten mit Verachtung begegnen; Adelige, gefangen in den Fallstricken ihrer Familiengeschichte; elegant gekleidete Hipster, die achtlos an einem schlafenden Obdachlosen vorbeigehen; Rap-Stars, deren Erfolgsbesessenheit zur undurchdringlichen Maske wird. Sie alle sind Kinder ihrer Zeit – und zugleich zeitlos in ihren Zweifeln, Freuden und Sehnsüchten, die sie mit den Menschen vor einem Jahrhundert teilen.
Das Besondere an der Zusammenarbeit zwischen dem Künstler und dem Kunstverein: Ruprecht von Kaufmann hat sich mit einem mehrjährigen Vorlauf die Zeit genommen, die Ausstellung von Grund auf zu entwickeln und passgenau auf die architektonischen Gegebenheiten der Räume einzugehen. So reagiert etwa die Arbeit Altbau-Idylle auf ein architektonisches Element des während der Gründerzeit errichteten Gebäudes – einen Erker. Die fünf Paneele des Werks sind auf dessen Maße abgestimmt und werden halbkreisförmig vor die Fenster gesetzt. Der illusionistisch gemalte Bildraum zeigt nun auch einen solchen Erker, in dem ein von Drogen benebeltes Paar auf einer Matratze liegt.
Das titelgebende Gemälde Herbstabend – das größte Werk der Ausstellung – wurde für die Wand des Eingangsraums geschaffen. Von schräg oben schauen wir in den Innenhof eines typischen Berliner Altbaus, den es genauso schon vor einhundert Jahren gab. Der perspektivische Blickpunkt kann Schwindelgefühle verursachen.
Ruprecht von Kaufmann wurde 1974 in München geboren und lebt seit 2003 in Berlin. Die Ausstellung HERBST ist seit zehn Jahren die erste Ausstellung des international erfolgreichen Künstlers in seiner Wahlheimatstadt.
Kuratiert von Dr. Marc Wellmann, künstlerischer Leiter Haus am Lützowplatz (HaL)
Programm (in deutscher Sprache)
Künstlergespräch
Donnerstag, 11.9.2025, 15 Uhr
Ruprecht von Kaufmann im Dialog mit Dr. Marc Wellmann
(Sonderveranstaltung im Rahmen der Berlin Art Week 2025)
Lesung und Diskussion
Donnerstag 16.10.2025, 19 Uhr
Maximilian Steinbeis: Die verwundbare Demokratie. Strategien gegen die populistische Übernahme
Das anschließende Gespräch mit dem Autor wird co-moderiert von RA Dr. Ulrich Karpenstein
Künstlergespräch
Donnerstag, 13.11.2025, 19 Uhr
Ruprecht von Kaufmann im Dialog mit der Produzentin und Dokumentarfilm-Regisseurin Nicola Graef
Lesung und Diskussion
Mittwoch, 10.12.2025, 19 Uhr
Jens Bisky: Die Entscheidung. Deutschland 1929 bis 1934
- Ort: Haus am Lützowplatz, Lützowplatz 9, 10785 Berlin
Öffnungszeiten Di – So, 11 – 18 Uhr - Eintritt frei