Shell-Haus
Sanfte Wellen aus Stein
Für den Architekten Meinhard von Gerkan ist das Shell-Haus am Landwehrkanal „Berlins schönstes Bauwerk“.
Das Shell-Haus hat seinen Namen von dem gleichnamigen Ölkonzern. Ende der 1920er Jahre benötigt dessen damalige deutsche Tochterfirma, die Rhenania-Ossag Mineralölwerke AG, ein neues Bürogebäude in Berlin. Und dies soll im Stadtbild Eindruck machen.
Den Wettbewerb entscheidet Emil Fahrenkamp für sich. Eigentlich ist der Architekt kein Kandidat für ausgefallene Konzepte. Er ist Mitte 40, Professor an der Düsseldorfer Kunstgewerbeschule und baut vor allem konservativ. Aber das 1930 bis 1932 errichtete Shell-Haus wird sein Bravourstück.
Nicht allzu glatt
Das Shell-Haus ist durch Form, Konstruktion und Materialien singulär. Fahrenkamp erzeugt die Dynamik einer Welle: Das Gebäude springt auf seiner Länge immer um eine Fensterfront vor und legt dabei gleichzeitig um ein Geschoss zu. Die abgerundeten Gebäudeecken und Fenster verstärken die Wellenbewegung.
Für diese ungewöhnliche Form nutzt der Architekt eine moderne Baumethode: Das sechs- bis zehngeschossige Shell-Haus ist eines der ersten Berliner Gebäude mit Stahlskelettkonstruktion. Die Außenverkleidung besteht aus Travertin, einem hellen Kalkstein aus einem Steinbruch bei Rom. Auch bei den Fenstern setzt Fahrenkamp auf hochwertige Materialien: Die Profile sind aus Stahl und Bronze.
Um das Shell-Haus vor Erschütterungen durch den zunehmenden Autoverkehr zu schützen, konstruiert der Bauingenieur Gerhard Mensch eine spezielle Eisenbetonwanne. Auf ihr ruht das tragende Stahlskelett. Sie reicht bis weit unter die Erdoberfläche und ihre Seitenwände sind durch einen Luftschlitz von den darüber liegenden Bauteilen getrennt. Auf diese Weise dringt so gut wie keine Vibration zu dem Gebäude mit dem trapezförmigen Grundriss durch.
Das Shell-Haus ist zwar ein Werk der Neuen Sachlichkeit, aber Fahrenkamp ordnet das Gebäude nicht völlig seiner Funktion unter. So verursacht die elegant gewellte Fassade durch ihre Rundungen teilweise unpraktische Grundrisse der Büroräume.
Kostspieliges Erbe
Bei den heftigen Kämpfen in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs werden die oberen Geschosse des Hochhauses stark zerstört. Der Shell-Konzern verkauft das beschädigte Gebäude nach Kriegsende an den West-Berliner Energieversorger Bewag. Die Bewag lässt alle Schäden beseitigen und bringt ihre Hauptverwaltung in dem Hochhaus unter.
Ab 1958 steht das Shell-Haus unter Denkmalschutz, in den 1990er Jahren folgt eine aufwendige Sanierung. Um den beschädigten Travertin der Außenfassade zu ersetzen, lässt der Bauherr sogar den längst stillgelegten Steinbruch bei Rom wieder öffnen.
Im Jahr 2000 verkauft die Bewag das frisch renovierte Shell-Haus an einen Immobilienkonzern. Seitdem hat das Gebäude im Stadtteil Tiergarten (Bezirk Mitte) verschiedene Mieter. Erst dient es als Hauptsitz des Berliner Energieversorgers GASAG und seit 2012 ist es eine Außenstelle des Bundesverteidigungsministeriums.
Grand Tour der Moderne
Zum 100-jährigen Bauhaus-Jubiläum im Jahr 2019 entwickelte der Bauhausverbund eine Grand Tour der Moderne, die Architekturfans durch ganz Deutschland führt. Das Shell-Haus ist Bestandteil dieser Themenroute.
Die weiteren Berliner Standorte als Grand Tour der Berliner Moderne:
Grand Tour der Berliner Moderne
Unsere Tipps rund um das Shell-Haus
Ganz in der Nähe des Shell-Hauses befindet sich das Kulturforum am Potsdamer Platz mit weiteren Sehenswürdigkeiten der Berliner Moderne. Oder Sie folgen dem Landwehrkanal nach Westen und treffen dort auf das Bauhaus-Archiv/Museum für Gestaltung. Das Museum ist zurzeit geschlossen.
Praktische Infos von visitBerlin
Das Shell-Haus erreichen Sie mit Buslinie M29 (Haltestelle Gedenkstätte Deutscher Widerstand). Die U-Bahnhöfe Mendelssohn-Bartholdy-Park (Linie U2) und Kurfürstenstraße (Linie U1) sind jeweils einen Kilometer entfernt. Um die Stadt zu erkunden, empfehlen wir für den öffentlichen Nahverkehr die Berlin Welcome Card.