Direkt zum Inhalt
Das Gründerzeitmuseum in Marzahn in Berlin
Das Gründerzeitmuseum in Marzahn © visitberlin, Foto: Philip Koschel

Museum Gründerzeit

Zeitreise in die Eleganz des Bürgertums

Mehr als zweihundert Jahre alt ist das Gutshaus in Mahlsdorf bereits! Es beherbergt heute eine der schönsten Sammlungen zur Gründerzeit -  zwischen 1870 und 1900 - in Berlin.

Zu Verdanken ist diese Sammlung Charlotte von Mahlsdorf, einer der berühmtesten Trans-Frauen Deutschlands. Ihre teils dramatische Biografie wird von Rosa von Praunheim mit „Ich bin meine eigene Frau“ verfilmt. Charlotte kommt als Lothar Berfelde am 18. März 1928 in Berlin-Mahlsdorf zur Welt. Schon früh fühlt sich das Kind als Mädchen, wird vom Vater aber zum Beitritt in die Hitlerjugend genötigt. Es kommt zum Streit und Charlotte erschlägt den Vater im Schlaf. Nach vier Jahren in der Psychiatrie und im Jugendgefängnis kommt Charlotte nach der Zeit des Nazi-Regimes jedoch frei. Ein neuer Lebensabschnitt beginnt. 

Charlotte von Mahlsdorf - Bekannteste Transperson der Republik

Charlotte ist wohl die bekanntesten Transperson der Republik. Aus den Ruinen der Metropole sammelt sie mühevoll und emsig die schönen alten Dinge des einfachen und mittleren Bürgertums, die den Bombenhagel und die Feuersbrunst des Krieges überstanden haben - Möbel, Uhren, Bestecke. Sie rettet so viele historische Alltagsgegenstände vor dem endgültigen Verlust. Zwischen 1946 und 1948 bewahrte sie das verlassene Schloss Friedrichsfelde im Berliner Tierpark vor Vandalismus und Verfall, indem sie dort einzieht, Flüchtlinge aufnimmt und Führungen veranstaltet.

Mittlerweile ist aus ihren Sachen eine richtige Sammlung entstanden, als sie zum Jahreswechsel  1958/59 in das vom Abriss bedrohte Gutshaus Mahlsdorf einzieht. Sie beginnt sofort, das Haus wieder herzustellen und eröffnet 1960 dort ihr Gründerzeitmuseum. 

Sanftes Ticken der Standuhren

Schauen Sie sich in Ruhe in den 14 vollständig eingerichteten Ausstellungsräumen des Hauses um: In einer außergewöhnlichen Geschlossenheit sind sie mit Möbeln, gusseisernen Öfen und Lampen bis hin zu Wäschegarnituren und Monogramm-Stickerei aus der Gründerzeit (1870-1900) ausgestattet. Mit sanftem Ticken und starkem Gong gehen hier die Standuhren und in der Küche steht neben einem originalen Herd der Zeit sogar ein Eisschrank und viele typische  Küchengeräte. Uhren, Musikautomaten, Spieldosen und Phonographen und Grammophone haben es Charlotte, der gelernten Konservatorin, besonders angetan. Ausladende Kronleuchter und hohe Wandspiegel lassen die Atmosphäre eines lauen Sommerabends im einstigen Gartensaal nachempfinden. Spüren Sie die luftige Eleganz des sogenannten „Guten Zimmers“, das über eine Freitreppe in den Gutspark führt. Ein Spaziergang durch den malerischen Gutspark mit seinen wiederhergestellten historisch geschwungenen Wegen wird Sie begeistern.

Vereinszimmer und „Hurenstube“

Und im Souterrain des Hauses erwartet Sie ein ganz anderes Ambiente: Hier finden Sie die letzte komplett erhaltene Berliner Kneipe aus dem Scheunenviertel – Charlotte rettet die "Mulackritze" beim Abriss des Gebäudes 1963 und richtet sie im Keller des Museums wieder im Original ein. Fühlen Sie sich im Vereinszimmer und der „Hurenstube“ wie zu Pinselheinrich Zilles Zeiten. Bei Charlotte in Mahlsdorf treffen sich zu Zeiten der DDR Menschen aus Film-, Künstler- und Schwulenkreisen (Ost-)Berlins.

Mit dem Gutspark und dem Museum bildet das Gutshaus in Mahlsdorf im Berliner Bezirk Marzahn-Hellersdorf ein höchst sehenswertes Gesamtensemble, in dem Wohn- und Gartenkultur beispielhaft vereint sind.

Mehr über Berlins Kieze verrät Ihnen unsere Berlin-App Going Local.