Interdisziplinäres Festival
„BLACK LAND, RED LAND – RESTITUTE“ ist ein interdisziplinäres Festival, das kritisch musealen und institutionellen Dispositiven auf den Grund geht. Dabei nähert es sich künstlerisch und diskursiv ausgewählten Artefakten und Erzählungen in den Ägyptischen Museen in Berlin, Deutschland und Turin, Italien.
Von 21. bis 24 Dezember präsentieren und diskutieren verschiedene Künstler*innen im silent green, Kunstquartier Bethanien, Palais am Festungsgraben und im öffentlichen Raum mit den Zuschauer:innen ihre Ansätze.
Die imperialen wissenschaftlichen Expeditionen nach Ägypten im 19. Jahrhundert dienten der europäischen Erschließung des afrikanischen Kontinents, dies betrifft sowohl die Dokumentation und die Vermessung des Landes, als auch die Akquise kultureller Entitäten. Die Expeditionen stehen im Kontext der kolonialen Eroberungsfeldzüge seit dem 16. Jahrhundert und übertrugen eigene Formen des Wissens und Lebens in außereuropäische Territorien.
Kulturelle und spirituelle Artefakte, Teile von religiösen Stätten und menschliche Überreste wurden in der Folge ebendieser „Abenteuer“ aus den Ländern ausgeführt. Sie sollen an verschiedenen Orten Europas, in Deutschland, Italien, Frankreich (und anderen Teilen der Welt), als Zeugen der Erschließungen die neu entstehenden Museen als Zentren der Präsentation und Wissensproduktion füllen.
Die sich zu diesem Zeitpunkt ausdifferenzierenden Wissenschaften erfanden die Bedeutungen dieser Artefakte und stellten diese als „Objekte“ ihrer Verfügung zur Schau. Die Museen erklärten sich zu universalistischen Verwaltern eines „Weltkulturerbes“ der Menschheit. Sie gruppierten die ausgeführten Artefakte ihrem Selbstverständnis folgend zu „Sammlungen“ und präsentierten diese nach eigenen Vorstellungen.
Bis heute hat nur ein kleiner Bruchteil der „Menschheit“ Zugang zu den europäischen Museen und weite Teile der sogenannten Herkunftsgesellschaften haben die kulturellen und spirituellen Artefakte ihrer Vorfahren nie besuchen können.
Die seit einigen Jahren öffentlich geführte Debatte um Restitution, also um die Rückgabe der Artefakte an die Länder ihrer Herkunft, sofern sie denn dialogisch geführt wird, zeigt die Komplexität der Situation.
Wer entscheidet anhand welcher Kriterien über die Rückgaben?
Wohin genau wird restituiert?
Welche Gründe werden angeführt?
Wer ist – damals wie heute – von dem Gespräch ausgeschlossen?
Und dient die Diskussion nicht auch dazu, die (post)kolonialen Wissens- und Machtsysteme zu legitimieren? Wer schreibt die Geschichten?
Und was wird damit überschrieben, immer und immer wieder von Neuem?
Wovon sprechen die Werke, die zur “Katastrophischen Kunst” (“Catastrophic Art”, Fazil Moradi) wurden?
Die künstlerisch-diskursive Suche nach ausgelöschtem und nicht verfügbarem Wissen bezieht die musealen Archive mit ein und geht über sie hinaus. Die Institutionen sind auch Räume, die von der absoluten Verwertbarkeit des Lebens künden.
Lässt sich eine gemeinsame Vision für die Artefakte und Entitäten jenseits nationalstaatlicher Grenzen, für ihre Spuren und Geschichten imaginieren?
Und kann diese in die Zukunft tragen, dies- und jenseits des Todes?
Die künstlerischen Beiträge des Festivals sind Neu-Produktionen und beschäftigen sich mit alt-ägyptischen Entitäten, Mythologien des nicht-westlichen Altertums oder erforschen das Verhältnis von sozialem Raum, Zugehörigkeit und Gemeinschaft.
Im diskursiven Teil werden verschiedene Argumentationsmuster und Handlungsweisen musealer Einrichtungen sowohl aus historisch-kritischer als auch aus praktischer Hinsicht diskutiert.
Das Festival schließt mit einer Gesprächsrunde, die Ausblick in die gemeinsame Zukunft anhand des Themas “Gedenken” gibt.
Zusätzliche Informationen
Ausstellung und Performances
- YARA MEKAWEI
- HANI MOJTAHEDY
- CEVDET EREK
- ATTILA CSIHAR
- LEA DRAEGER
- HOUAÏDA
Diskurs
- FAZIL MORADI
- MONICA HANNA
- NORA AL-BADRI
- LÉONTINE MEIJER-VAN MENSCH
- SARAYA GOMIS
- JOHANNES AUENMÜLLER
- NN (Staatliche Museen zu Berlin, Stiftung Preußischer Kulturbesitz)
- ELENA SINANINA
- YARA MEKAWEI
- YUNUS ERSOY
- OLIVER BAURHENN
- SANDEEP SODHI
- sowie “ÄM 53”, ein Gedenken im öffentlichen Raum
Die Veranstaltungen finden in englischer Sprache statt. Die Abschlussdiskussion am 28.12.2023 wird konsekutiv ins Deutsche übersetzt.
Informationen zur Barrierefreiheit
Informationen in Leichter Sprache sind an den Veranstaltungsorten verfügbar.