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Erfinderladen Berlin
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10 Berliner Erfindungen

vor 100 Jahren innovativ, heute unverzichtbar

Wussten Sie, dass diese Produkte in Berlin erdacht wurden?

Dynamik und Veränderung prägen Berlin schon seit seiner Gründung. Menschen ziehen an die Spree, um Neues zu entdecken und sich auszuprobieren. Manchen von ihnen gelingt es, etwas ganz Neues zu schaffen. Viele bringen die Hauptstadt vor allem mit Kultur, Musik und aufregendem Nachtleben in Verbindung. Weniger bekannt ist, dass Berlin eine lange Tradition von Techniker:innen, Ingenieur:innen und Erfinder:innen hat.

Es sind die Tüftler:innen, die nicht ruhen, bis sie endlich die Lösung für ein Problem gefunden haben. Viele ihrer Erfindungen nutzen wir heute ganz selbstverständlich, ohne uns Gedanken über ihren Ursprung zu machen. Dabei stecken oft spannende Geschichten hinter ihrem Ursprung.

1855

Fassade des Museum Mitte in Berlin

Die Litfaßsäule

Ungefähr anderthalb Meter im Durchmesser, etwa 3 Meter hoch und voller Plakate: Litfaßsäulen sind Berliner:innen so vertraut wie den Londoner:inne ihre roten Telefonzellen und den Pariser:innen ihre Metro-Stationsschilder.

Denn die Säulen, eine Revolution in der Außenwerbung, sind eine Berliner Erfindung und prägen das Straßenbild der Hauptstadt. Mitte des 19. Jahrhunderts kommt der kreative Unternehmer Ernst Litfaß auf die Idee, sogenannte „Annoncier-Säulen“ in ganz Berlin aufzustellen.

Werbezettel und -Plakate dominieren das Stadtbild

Denn die Stadt wächst, 800.000 Menschen leben damals an der Spree. Zahllose Veranstaltungen finden statt und Hersteller von Konsumgütern versuchen, die Aufmerksamkeit der potenziellen Käufer zu bekommen. Beides will beworben sein. Schon damals halten die Berlinerinnen und Berliner wenig von Regeln und kleben Zettel und Plakate an Häuser, Zäune und Bäume. Diese Praxis führt nach damaliger Ansicht zu einer „Hautkrankheit der Städte“, auch in den Augen der preußischen Regierung.

Kein Wunder also, dass Litfaß‘ Vorschlag von offizieller Seite unterstützt wird, um endlich die Papierflut in den Griff zu bekommen. Am 1. Juli 1855 ist es soweit: die ersten 100 Litfaßsäulen zieren die Straßen Berlins. Ihr Namensgeber macht damit ein einträgliches Geschäft. Für zehn Jahre hat er das alleinige Recht, Anschlagsäulen aufzustellen. Praktischerweise ist Litfaß gleichzeitig auch Besitzer einer Druckerei. Er legt die Dimensionen seiner Säulen so fest, dass sie eine bestimmte Zahl seiner hauseigenen Plakatformate zeigen. Auf diese Weise trägt er zur Standardisierung von Plakatgrößen in der Berliner Druckindustrie bei.

Die Säulen wechseln im Lauf der Zeit ihr Aussehen. Zu Beginn sind sie schlicht gehalten, um die Jahrhundertwende haben sie verzierende Elemente wie Kuppeln oder Ornamente aus Metall. Ab den 1990er Jahren hält die Technik Einzug, nun gibt es auch beleuchtete, rotierende Säulen.

Berlin verliert 2.500 Litfaßsäulen

Im Jahr 2020 muss Berlin seine 2.500 Litfaßsäulen aufgrund von Asbestbelastung abreißen. Nur 24 der originalen Säulen sind denkmalgeschützt und bleiben erhalten. Doch da Außenwerbung auch im 21. Jahrhundert noch eine große Rolle spielt, steigt die Zahl der „Annoncier-Säulen“ an der Spree sicher in Zukunft wieder.

Übrigens: nahe dem Alexanderplatz, an der Ecke Münzstraße/Almstadtstraße finden Sie das Litfaß-Denkmal. Mit diesem Nachbau einer Säule aus Metall hat Berlin Ernst Litfaß ein Denkmal gesetzt.  

 

1865

Tiny Haus

Postkarte

„Sonnige Grüße aus dem Urlaub“ – so oder so ähnlich lauten viele der Nachrichten auf den Postkarten, die Reisende an ihre Lieben zuhause senden. Auch wenn die Zahl der verschickten Karten im digitalen Zeitalter zurückgeht, erfreuen sie sich nach wie vor großer Beliebtheit. Denn sie zeigen: der oder die Absendende hat an mich gedacht, ein Motiv ausgewählt und sich die Zeit genommen, die Karte an mich abzusenden.

Ein Berliner Beamte will mehr Effizienz 

Die Geschichte der Postkarte ist in Deutschland eng mit einem Berliner Beamten verbunden: Heinrich Stephan. Als achtes Kind eines Schneiders ist ihm im preußischen Staat der Erfolg nicht unbedingt in die Wiege gelegt. Doch durch Fleiß und Begabung arbeitet er sich in den 1850er Jahren hoch zur Position eines Geheimen Postrats im Generalpostamt Berlin.

Im Jahr 1865 macht er auf der 5. Konferenz des Deutschen Postvereins in Karlsruhe den entscheidenden Vorschlag – die Einführung eines „Postblatts“. Ein Stück weißer Karton, simpel, ohne Abbildung. Dafür mit bereits eingestempelter Briefmarke. Die perfekte Alternative zum Brief, besonders für die breite Masse der Bevölkerung: das Postblatt wäre unkomplizierter zu versenden, kürzer im Inhalt und günstiger.

Den Konferenzteilnehmern gefällt der Gedanke aber nicht: Sollte nun jeder den Inhalt einer Nachricht lesen können? „Unanständig“ urteilen sie. Eine weitere Befürchtung: dass die Umsätze der Post einbrechen, wenn das Porto für Postblätter nur die Hälfte kostet. Seine Vorgesetzten lehnen Stephans Vorschlag ab.

Als sich ab 1869 in Österreich-Ungarn die sogenannte Correspondenzkarte durchsetzt, ist auch in Deutschland die Zeit der Postkarte gekommen. Heinrich Stephan ist mittlerweile zum Generalpostdirektor des Norddeutschen Bundes aufgestiegen und führt die Karte 1870 ein.

Die Karten finden reißenden Absatz – in Berlin werden noch vor dem offiziellen Inkrafttreten der neuen Briefform über 45.000 Karten verkauft. Damals schreiben die Berliner allerdings noch nicht aus dem Urlaub, sondern teilen sich alltägliche Dinge mit. Was sie gerade tun, wann sie Zeit für ein Treffen haben – damit begründet Heinrich Stephan quasi den postalischen Vorläufer zur Textnachricht (SMS).

 

1881

Erste elektrische Straßenbahn

Elektrische Straßenbahn

Heute sind sie nicht aus dem Berliner Stadtbild wegzudenken: die gelben Wagen der Tram, die heute vor allem im Ostteil der Stadt fahren. Ob Nachtschwärmer auf dem Weg zum Club, Touristen auf der Suche nach den spannendsten Sehenswürdigkeiten oder Angestellte im Feierabend auf dem Weg nach Hause – die 22 Linien der Straßenbahn bringen sie alle sicher durch Berlin.

Die Geschichte dieses Verkehrsmittels ist untrennbar mit der Hauptstadt verbunden: hier fährt 1881 die erste elektrische Straßenbahn, bevor sie ihren Siegeszug um die ganze Welt antritt.

Dieser Erfolg ist kein Zufall, denn zwei der bis zu diesem Zeitpunkt gängigsten Antriebsmethoden haben entscheidende Nachteile.

  • Pferde, die in Berlin ab 1865 Straßenbahnen auf Schienen ziehen, haben nicht genug Kraft, um die Wagen hangaufwärts zu ziehen.
  • Ein weiteres Manko: ihre Pferdeäpfel verschmutzen die Straßen der Stadt.
  • Die alternativ eingesetzte Dampftechnik stört die Einwohner hingegen durch den entstehenden Lärm und Funkenflug.

In dieser Zeit wächst die Berliner Bevölkerung immer weiter, der Bedarf nach Transportmöglichkeiten in der Stadt steigt.

Werner von Siemens findet die Lösung

Dem Ingenieur, der Berlin mit seinen Erfindungen von Anfang an entscheidend mit prägt, gelingt es 1866, mit einem Gleichstrommotor Strom zu erzeugen. Damit ist theoretisch zum ersten Mal genug Energie vorhanden, um Straßenbahnen mit einem Elektromotor anzutreiben.

1881 findet nach Jahren der Tüftelei die Jungfernfahrt der ersten elektrischen Straßenbahn in Lichterfelde statt. Mit einer Höchstgeschwindigkeit von 2 Stundenkilometern fahren die Wagen der Marke Siemens die 2,5 Kilometer lange Strecke zwischen dem Bahnhof Lichterfelde und der Preußischen Hauptkadettenanstalt in Lichterfelde West.
Nach der Lösung einiger technischer Probleme setzt sich dann ab 1889 der Elektroantrieb von Straßenbahnen endgültig durch – und bereitet den Weg für Berlins Entwicklung zu einer modernen Metropole.

Erste elektrische Eisenbahn

Einen Nachbau der ersten elektronischen Siemens Lokomotive können Sie im Deutschen Technikmuseum ansehen. 

 

1891

Fliegerberg Otto Lilienthal Denkmal in Berlin

Der erste Gleitflug

Fliegen zu können wie ein Vogel ist ein alter Menschheitstraum. Über Jahrhunderte hinweg denken zahlreiche Erfinder und Ingenieure darüber nach, wie es gelingen kann, sich in die Lüfte zu schwingen und die Welt von oben zu sehen.

Noch 1873 sagt der Physiker Hermann von Helmholtz, dass ein Mensch sein eigenes Gewicht niemals langfristig in der Höhe halten kann. Auf einem kleinen Hügel im Süden Berlins beweist ein Mann, dass es möglich ist.

Otto Lilienthal, Sohn eines Kaufmanns aus Anklam, träumt seit seiner Kindheit vom Fliegen. Er zieht nach Berlin und wird Ingenieur. Gemeinsam mit seinem Bruder Gustav betreibt er eine Heizungsfabrik in der Köpenicker Straße und tüftelt nebenbei an verschiedenen Erfindungen, unter anderem an dem noch heute verkauften Anker-Steinbaukasten für Kinder.

Doch sein großer Traum bleibt immer das Fliegen. Lilienthal beobachtet schon früh Störche bei ihrem Flug und denkt über den Zusammenhang zwischen den Luftströmungen um die leicht gebogenen Flügel und den Auftrieb nach. 1889 veröffentlicht er sein wichtigstes Werk „Der Vogelflug als Grundlage der Fliegekunst“. 1893 produziert Otto Lilienthal das erste seriell angefertigte Flugzeug der Welt, den Normalsegelapparat.

Der Fliegeberg in Lichterfelde entsteht

In Lichterfelde lässt er 1894 einen 15 Meter hohen Hügel aufschütten, den „Fliegeberg“. Von seiner Spitze aus schwingt sich Lilienthal in mehr als 2000 Flugversuchen in die Luft. Auf diese Weise testet er, ob seine selbst gebauten Konstruktionen flugtauglich sind. Er lädt die Presse ein und führt unter großem öffentlichem Interesse am 29. Juni 1895 einen erfolgreichen Gleitflug vor.

Lilienthals Traum kostet ihn sein Leben

Nur ein Jahr später kostete ihn sein Traum das Leben: am 9. August 1896 stürzt Lilienthal bei einem Flug nahe dem Ort Stölln ab und erliegt am nächsten Tag seinen Verletzungen. Der Fliegeberg wird später Teil des Lilienthal-Parks in Berlin-Lichterfelde.

Auf seiner Spitze erinnert eine Weltkugel aus Bronze an einen der wichtigsten Pioniere in der Geschichte der Luftfahrt.

 

1895

Filmrolle

Geburt des deutschen Films in Berlin  

„Bewegliche Bilder in Lebensgröße habe ich Ihnen versprochen, eine Weltsensation. Und ich frage Sie: Haben Sie eine Weltsensation bekommen?“

Das fragt am 1. November 1895 der Direktor des Berliner Varietés Wintergarten die 1500 geladenen Gäste, die soeben Zeuge der weltweit ersten öffentlichen Vorführung bewegter Bilder geworden sind.  

Die Begeisterung des Publikums spricht für sich: Ja, das war eine Weltsensation. Insgesamt 15 Minuten dauert die Vorführung, acht kurze Szenen sind zu sehen. Begleitet von Live-Klaviermusik sehen die Besucher unter anderem Sequenzen mit dem Titel „Italienischer Bauerntanz“ und „Boxendes Känguru“. Ein Geschehen beobachten, das sich nicht real vor den Augen, sondern nur auf der Leinwand abspielt – so etwas gab es nie zuvor.  

Hinter der Sensation stecken zwei Berliner Brüder, Max und Emil Skladanowsky. Vor allem Max tüftelt gern. Seine Ausbildung als Glasmaler und seine Kenntnisse der Fotografie wecken in ihm den Wunsch, Bilder zum Leben zu erwecken. Erste Vorläufer sind sogenannte „Nebelbilder“, die durch Überblendung bemalter Glasplatten-Projektionen die Illusion einer Bewegung erzeugen. Doch die Technik hat Grenzen.  

Max Skladanowsky sucht weiter und baut 1895 einen Doppelprojektor. Die einzeln geschossenen Bilder perforiert er und verstärkt die Löcher durch Schuhösen. Den Apparat nennt er „Bioskop“ (griech. Lebensbetrachter).  

Nach dem riesigen Erfolg im Wintergarten sind die Skladanowskys euphorisch und melden die Erfindung zum Patent an. Was sie zu diesem Zeitpunkt nicht wissen: nur zwei Monate später, am 28. Dezember 1895, präsentiert ein anderes Brüderpaar, Auguste und Louis Lumière in Paris eine Erfindung namens Kinematograph. Der Apparat ist dem Bioskop technisch überlegen, was auch die Skladanowskys zugeben. Zeit ihres Lebens streiten sie um die Anerkennung ihrer Verdienste um den Beginn des Films, sowohl mit den Lumières als auch mit dem Berliner Film-Pionier Oskar Messter.  

Auch wenn ihre Erfindung schnell überholt ist: an diesem Herbstabend im Varieté Wintergarten sind sie die ersten, die den Bildern das Laufen beibringen.  

 

1900

Elektrischer Haartrockner

Die Geschichte des Hairstylings ist so alt wie die Menschheit. Lang, kurz, lockig, glatt – die Art der Frisur drückt über Jahrtausende hinweg die Persönlichkeit und das Modebewusstsein ihres Trägers aus. Unzählige Hilfsmittel denkt sich der Mensch aus, um die Haarpracht zu gestalten. Doch eins gelingt für lange Zeit nicht: Haare nach dem Waschen schneller zu trocknen.  

Ende des 19. Jahrhunderts finden erste Versuche statt, das Problem anzugehen. Mit heißem Wasser gefüllte Porzellanbürsten und riesige Standtrockner wie der des Franzosen Alexandre Godefroy bieten noch keine massenmarkttaugliche Lösung.  

1899 dann kommt die entscheidende Erfindung von der Berliner Firma AEG.  Die Firma versorgt über die Berliner Electricitäts-Werke die ganze Hauptstadt mit Strom. Die Ingenieure der AEG tüfteln unentwegt an Möglichkeiten, elektrischen Strom für den privaten Verbrauch nutzbar zu machen. Der Markt für privat verwendbare Haartrockner bietet riesiges Potential.  

Die Erfindung der AEG, die „Heißluftdusche“, ist anfangs noch nicht besonders handlich – sie wiegt stattliche zwei Kilogramm.  Zu Beginn bewirbt die AEG das Gerät nicht nur als Haartrockner, sondern auch als medizinischen Apparat zur Linderung von Muskelverspannungen, Rheuma und Furunkel.  

Die Luft aus der Heißluftdusche ist bis zu 90 Grad heiß, was die Gefahr von Verbrennungen birgt. In der AEG-Chronik zum 100-jährigen Bestehen des Produkts heißt es über den Trockner:

„Ein heißer und ungestümer Kamerad, der damals nur für das mutige Frauchen geeignet war“.  

Es folgen zahlreiche Verbesserungen, in den 1930er Jahren frisieren Frauen in Berlin damit ihre Bubiköpfe. Ab den 1950er Jahren ist der Haartrockner kein Luxusprodukt mehr, sondern Massenware. Zu diesem Zeitpunkt hat er längst seinen Siegeszug um die Welt angetreten. 

Übrigens: schon 1909 lässt die Berliner Firma Sanitas den Markennamen „Fön“ eintragen, in Anlehnung an den Föhn, einen warmen und trockenen Alpenwind. Nach der Übernahme von Sanitas in den 1950er Jahren gehört das Markenrecht der AEG. Der Begriff Fön, der im deutschen Sprachraum synonym mit Haartrockner verwendet wird, beschreibt also streng genommen ein Produkt einer Berliner Firma. 

 

1903

Die Thermoskanne

Kaum ein Haushalt kommt ohne aus – Thermoskannen halten heiße Getränke warm und verhindern, dass kalte Flüssigkeiten sich erwärmen. Dieses Haushaltsutensil, genutzt von Milliarden Menschen weltweit, stammt ursprünglich aus Berlin.  

Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelt der Erfinder Reinhold Burger sogenannte Dewar-Gefäße weiter. Die Gefäße, benannt nach ihrem englischen Erfinder James Dewar, bestehen ursprünglich aus zwei ineinander gesetzten Glasgefäßen. Zwischen den Gefäßen sorgt ein Luftvakuum dafür, dass Stoffe im Innern wärmeisoliert sind. Das Problem: für den Transport sind Dewar-Gefäße zu zerbrechlich.   

Reinhold Burger baut auf diesem Prinzip auf. Ursprünglich stammt er aus Glashütte, einer Glasmachersiedlung nahe Berlin. In der Hauptstadt macht er eine Lehre zum Glastechniker, der Umgang mit dem zerbrechlichen Material liegt ihm also im Blut. 1894 eröffnet er Berlins erste Glasinstrumentenfabrik.  

Wenige Jahre später hört Burger davon, dass es dem Eismaschinenhersteller Carl von Linde gelungen ist, Luft zu verflüssigen. Ein großer Sprung nach vorn in Zeiten, in denen Menschen immer häufiger ihre Nahrung durch Kühlen haltbar machen. Aber: flüssige Luft hat eine Temperatur von -194,5 Grad und es ist äußerst schwierig, sie aufzubewahren oder zu transportieren. Burger bietet von Linde an, passende Transportgeräte zu liefern.  

Burgers Kannen sind eine Weiterentwicklung von Dewars Prinzip. Seine Gefäße bestehen aus Hartglas, haben eine Silberbeschichtung und ein schützendes Gehäuse aus Metall. Er will ihre Brauchbarkeit für das Geschäft mit von Linde testen, hat aber keine verflüssigte Luft zur Verfügung. Stattdessen nutzt er kalte und heiße Getränke – die noch nach 24 Stunden beinahe die ursprüngliche Temperatur haben. Eine nützliche Eigenschaft, die Burger eher nebenbei entdeckt.  

1904 meldet er seine Isolierflasche beim Patentamt an – Markenname „Thermos“, nach dem griechischen Wort für Wärme. In Deutschland läuft der Verkauf zunächst schleppend, 1907 verkauft Burger das Patent an Firmen in den USA, England und Kanada. Von hier aus tritt seine Erfindung den Siegeszug um die ganze Welt an. 

Im Museumsdorf Baruther Glashütte erfahren Sie mehr über Reinhold Burger und können sich originale Exponate des Erfinders ansehen.

 

1908

Ohropax Gehörschutz

Berlin, um die Jahrhundertwende: Maschinen rattern in den Fabriken, motorisierte Fahrzeuge erobern neben Pferdekutschen die Straßen, es läutet und tutet überall. Für gestresste Großstädter wird der Lärm zu einem Problem, denn an Schlaf ist in manchen Teilen der Stadt nicht zu denken. Von konzentriertem Studieren und Arbeiten ganz zu schweigen.  

Kein Wunder, dass in dieser Zeit verschiedene Wege gesucht werden, Lärm zu dämpfen: Wattebinden um den Kopf, Kugeln aus Gummi, Metall oder Filz im Gehörgang. All diese Ansätze sind noch nicht sehr zufriedenstellend.  

Die Lösung für das Problem kommt von Maximilian Negwer, einem Apotheker aus Schöneberg. In der Bülowstraße führt er eine „Fabrik pharmazeutischer und kosmetischer Spezialitäten“, wo es Hustensaft und selbstgemachte Cremes zu kaufen gibt. 1907 meldet Negwer ein Patent für „Ohropax“ an.  

Der Name ist Programm, er setzt sich zusammen aus „Ohr“ und „Friede“ (lat. Pax). Mit diesem Markennamen macht Negwer jedem Käufer quasi das Versprechen, dass er mitten im Lärm endlich Ruhe finden kann.  

Bei Ohropax handelt sich um Stöpsel aus synthetischem Wachs, die mit Vaseline und Baumwolle gestreckt sind. Im Gehörgang passt sich das Wachs aufgrund der Körpertemperatur perfekt an, ohne zu schmelzen. Es riegelt das Ohr hermetisch ab und dämpft so alle Geräusche.  

Die Inspiration für seine Erfindung findet der klassisch gebildete Apotheker Negwer bei Homer: in Homers Odyssee verschließt Odysseus seinen Gefährten die Ohren mit Wachs, um sie vor dem betörenden Gesang der Sirenen zu schützen.  

Ein Einfall, der sich auch in der Moderne als äußerst nützlich erweist. Der sensible Literat Franz Kafka schreibt in einem Brief: „Ohne Ohropax bei Tag und Nacht ginge es gar nicht.“  

Schon wenige Jahre nach der Markteinführung von Ohropax geht die Anwendung weit über das Dämpfen des Alltagslärms hinaus: als der Erste Weltkrieg ausbricht, nutzen viele Soldaten die kleinen Wachspfropfen, um ihr Trommelfell vor bleibenden Schäden zu bewahren – unter dem Werbeslogan

„Hast du Ohropax im Ohr, kommt Dir Lärm wie Stille vor“  

Auch wenn es heute eine Vielzahl anderer Ohrstöpsel gibt, aus Schaumstoff, Kunststoff oder Silikon: die originalen Wachs-Ohrstöpsel von Ohropax sind nach wie vor eines der beliebtesten Produkte auf dem Geräuschschutz-Markt.  

 

1916

Liebespaar

Nahtloses Kondom

Für die längste Zeit der Menschheitsgeschichte geht Sex immer auch mit gewissen Risiken einher: einer ungewollten Schwangerschaft und der Übertragung von Geschlechtskrankheiten. Immer wieder gibt es Versuche, das Risiko zu vermindern, durch die Verwendung von Barrieren aus Schweinsdärmen, Fischblasen, Leinen und Leder. Sowohl der Schutzfaktor als auch die Praktikabilität sind begrenzt.  

1893 gelingt es dem Amerikaner Charles Goodyear, Kautschuk zu vulkanisieren und damit Gummi zu produzieren. Das Material eignet sich viel besser zur Herstellung von Präservativen als alle bisher verwendeten. Doch die ersten Proto-Kondome bestehen aus zusammengenähten Gummi-Streifen. Die Nähte kratzen und vermindern die Sicherheit des Produkts. Es bleibt sogenannte „Bückware“, die unter dem Ladentisch den Besitzer wechselt.  

Erst Anfang des 20. Jahrhunderts kommt die entscheidende Erfindung aus Berlin. Der Gummifabrikant Julius Fromm stellt die ersten nahtlosen Kondome her.  

Fromms Geschichte zeugt von echtem Unternehmergeist. Der Sohn armer jüdischer Einwanderer belegt Abendkurse in Chemie, um sich über die Grundlagen der Kautschukverarbeitung zu informieren und gründet 1914 im Prenzlauer Berg das erste „Fabrikations- und Verkaufsgeschäft für Parfümerien und Gummiwaren“. 
Für die Herstellung der „Gummis“ tunken seine Mitarbeiter Glaszylinder in eine Kautschuklösung, vulkanisieren die Lösung, rollen sie ab und bestäuben sie mit Gleitmitteln – fertig sind die ersten industriell erzeugten Kondome.  

1916, mitten im Ersten Weltkrieg, bringt der Erfinder sie unter dem Namen „Fromms Act“ auf den Markt. Der Zeitpunkt ist perfekt: in den überwachten Soldatenbordellen herrscht aufgrund der grassierenden Syphilis Kondompflicht. Fromms Produkt findet reißenden Absatz und 1919 stellt seine Firma bereits 150.000 Präservative her – pro Tag.  

Nach dem Krieg lockert sich im Berlin der 1920er Jahre die Sexualmoral, und „Frommser“ werden zum Synonym für Kondome, verewigt in Kabarettliedern wie „Wenn’s euch packt, nehmt Fromm’s Act“ oder „Fromms zieht der Edelmann beim Mädel an“.  

Julius Fromms Erfindung ist in ihrer sozialen und medizinhistorischen Bedeutung kaum zu überschätzen. Umso tragischer, dass die Nationalsozialisten ihn zwingen, seine Firma 1938 zu einem Spottpreis zu verkaufen und nach England zu fliehen.
Dort erlebt er zumindest noch das Ende des Krieges, wenige Tage später stirbt er am 12. Mai 1945. Heute erinnert ein Stolperstein in der Friedrichshagener Straße 38 in Köpenick an Julius Fromm. 

 

1930

Museum für Film und Fernsehen

Fernsehen

Auch im Digital-Zeitalter ist es noch immer die beliebteste Freizeitbeschäftigung der Deutschen: das Fernsehen. Ein wichtiger Beitrag zu seiner Entstehungsgeschichte kommt aus Berlin. 

Anfang des 20. Jahrhunderts gibt es zwei relativ neue Unterhaltungsmedien: Film, der noch auf Kino-Vorführungen beschränkt ist und Radio, mit dem Menschen über Funkwellen bei sich zuhause Sendungen hören können. Die Frage ist: gibt es eine Möglichkeit, auch bewegte Bilder über ein Gerät zuhause zu sehen? Und ein Geschehen sogar live, während es sich ereignet, zu verfolgen? 

Der in Hamburg geborene Tüftler Manfred von Ardenne macht sich daran, eine Lösung für das Problem zu finden. Erste Erfahrungen hat er schon mit der Technik von Radioempfängern. Für die Firma Loewe entwickelt er eine verbesserte Version der Braunschen Röhre. Das bringt ihm in jungen Jahren schon genug Geld für eine Villa mit Labor in Berlin-Lichterfelde ein. Dort inspiriert ihn 1928 ein Besuch auf der Internationalen Funkausstellung. Er sieht Apparate, die mit mechanischen Mitteln Bilder übertragen, basierend auf der Technik eines anderen Wahlberliners, des Technikers Paul Nipkow. Die Bilder sind etwa so groß wie eine Postkarte, verwackelt und unscharf.  

Von Ardenne sucht nach einem Weg, die Bildübertragung stattdessen elektronisch zu steuern. Die wichtigste Komponente seines Fernsehapparats ist eine Braunsche Röhre, die einen gebündelten, lenkbaren Elektronenstrahl erzeugen kann. Dieser Strahl zeichnet ein zeilenförmiges Zickzack-Muster auf dem Leuchtschirm und erzeugt dadurch viele vereinzelte Bildpunkte, die das menschliche Auge zu einem Bild zusammensetzt. Ab 25 Bildern pro Sekunde nimmt das Gehirn die Bilder nicht mehr vereinzelt, sondern als sich bewegenden Film wahr. Von Ardennes Erfindung hat viele Vorteile: die Auflösung ist höher und das Bild ist größer und heller als bei mechanischen Übertragungen. Ein weiterer wichtiger Punkt sind die niedrigeren Produktionskosten.  

Schnell tritt das elektronische Fernsehen in den 1930er Jahren seinen Siegeszug an. Auch die Nationalsozialisten erkennen das propagandistische Potential des neuen Mediums. Sie nutzen es, um die Olympischen Spiele in Berlin 1936 zu übertragen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wird das Fernsehen schnell zu dem wichtigsten Massenmedium des 20. Jahrhunderts.