
Gedenkort Güterbahnhof Moabit
Gleise in den Tod
Welche Bedeutung der Güterbahnhof Moabit in der Zeit des Nationalsozialismus bei der systematischen Deportation von Juden aus Berlin wirklich hatte, war lange Zeit nicht bekannt.
Der Gedenkort Güterbahnhof Moabit erinnert seit dem Jahr 2017 daran, dass sich an diesem Ort zwischen 1942 und 1944 der zentrale Deportationsbahnhof Berlins befand. Mehr als 32.000 Jüdinnen und Juden wurden von hier aus in Ghettos und Vernichtungslager in den vom nationalsozialistischen Deutschland besetzten Gebieten im Osten verschleppt.
Die Nationalsozialisten wählten den Bahnhof nicht nur wegen seiner verkehrsgünstigen Lage im Berliner Schienennetz, sondern auch aufgrund seiner unmittelbaren Nähe zu den sogenannten Sammellagern. Diese Lager befanden sich häufig in zuvor jüdisch geprägten Einrichtungen – wie etwa in der Synagoge an der Levetzowstraße, die zu diesem Zweck zweckentfremdet wurde. Von dort aus wurden die Menschen, für alle sichtbar, durch die Straßen Moabits zu den Zügen getrieben. Der Gedenkort Güterbahnhof Moabit stellt damit ein eindrucksvolles Gegenbild zur verbreiteten Nachkriegslegende dar, der Holocaust habe sich im Verborgenen vollzogen.
Entstehung des heutigen Gedenkorts
Die Ursprünge des heutigen Gedenkorts Güterbahnhof Moabit reichen bis in die Mitte der 1990er-Jahre zurück. Bereits in den 1980er-Jahren hatte eine intensivere Auseinandersetzung mit der lokalen Geschichte während der Zeit des Nationalsozialismus begonnen. In diesem Kontext wurden erste Vorschläge laut, ein Mahnmal auf der Putlitzbrücke zu errichten.
Eine weitverbreitete, wenn auch unzutreffende Annahme der DDR-Führung erschwerte jedoch konkrete Planungen: Man ging fälschlicherweise davon aus, dass das Gelände der Reichsbahn zum Staatsgebiet der DDR gehörte. Vor diesem Hintergrund erschien ein Gedenkort an der tatsächlichen historischen Stelle der Deportationen lange Zeit als nicht realisierbar. Dabei waren der sogenannte „Bahnsteig für militärische Zwecke“ sowie die „Militärrampe“ damals noch erhalten – lediglich die Gleise 81 und 82 fehlten.
Neue Pläne nach der Wiedervereinigung
Mit der Wiedervereinigung Deutschlands im Jahr 1989 veränderten sich die politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen grundlegend. Das Berliner Reichseisenbahnvermögen, auch als „Vorratsvermögen“ bezeichnet, ging in den Besitz der neu gegründeten Deutschen Bahn AG über. Grundstücke, die nicht mehr für betriebliche Zwecke benötigt wurden, sollten veräußert werden.
Zeitgleich setzte sich das Bezirksamt dafür ein, durch die Aufstellung von Bebauungsplänen die Voraussetzungen für einen Gedenkort an authentischer Stelle zu schaffen. Ziel war es, die dafür benötigten Flächen aus dem Eigentum der Deutschen Bahn AG herauszulösen und in das Vermögen des Landes Berlin zu überführen.
Im Jahr 1996 begannen vertiefende historische Recherchen. Mehrere Gutachten wurden in Auftrag gegeben und schließlich 1998 im Rahmen einer öffentlichen Erörterungsveranstaltung zu den Bebauungsplänen sowie zum geplanten Gedenkort vorgestellt.
Der Gedenkort heute
Infolge der Grundstücksverwertung ab den 1990er-Jahren ist das Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs Moabit heute nahezu vollständig verschwunden.
Erhalten geblieben sind lediglich einige wenige Spuren: ein gepflasterter Weg an der Quitzowstraße – der historische Zugang zum Güterbahnhof –, eine Spundwand als Überrest der früheren Verladerampe sowie ein kurzes Gleisstück. Letzteres kennzeichnet das ehemalige Gleis 69, eines von drei Militärgleisen, die für die Deportationen genutzt wurden. An der Stelle, wo sich einst die Gleise 81 und 82 befanden, verläuft heute die Ellen-Epstein-Straße. Sie wurde benannt nach der jüdischen Pianistin Ellen Epstein, die im Oktober 1942 aus Moabit nach Riga deportiert und dort kurz darauf ermordet wurde.
Der Gedenkort befindet sich heute in einem unscheinbaren Gewerbegebiet, eingerahmt von einem Baumarkt und dem Parkplatz eines Discounters. An den beiden Zugängen – an der Quitzowstraße und der Ellen-Epstein-Straße – informieren großformatige Gedenktafeln über die nationalsozialistischen Verbrechen, die an diesem Ort verübt wurden, sowie über den langen und schwierigen Weg des Erinnerns und Gedenkens in der Nachkriegszeit.
Ihr Besuch
Der Eintritt zum Gedenkort ist frei, das Gelände ist rund um die Uhr zugänglich.
Zur Anreise:
S-Bahn: S41, S42, S45, S46 (Westhafen), 900 m Fußweg bis zum Gedenkort
U-Bahn: U9 (Westhafen), 900 m Fußweg bis zum Gedenkort
Bus: Bus 123 und M27 (Quitzowstraße / Stendaler Straße), 300 m Fußweg zum Gedenkort
Bus 123, 142, M27 und N40 (Perleberger Brücke), 300 m Fußweg zum Gedenkort
Parkmöglichkeiten sind in direkter Nähe bei Hellweg, Ellen-Epstein-Straße 1, 10559 Berlin und Lidl, Quitzowstraße 23, 10559 Berlin bis zu 1 Stunde frei.