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Elisa Breyer

Nachtmodus: on. Eine Geste, fast beiläufig. Der Kopf sinkt in die Hand, die glänzend rote Tüte takeaway schneidet sich ins Fleisch der Finger, Salz bitzelt auf der Zunge, der Lichtstrahl flackert über die Oberfläche. Es sind Momente des Dazwischen – intim und vertraut, und doch von eigentümlicher Distanz durchzogen. Man tritt nah heran, glaubt fast, Teil einer Szene in Elisa Breyers Malerei zu sein, merkt aber gleichzeitig: man bleibt außen vor.


Die Arbeiten in Breyers Einzelausstellung waiting for connection… leben von der Spannung zwischen Nähe und Entrückung.

Ihre Motive schöpft die Elisa Breyer aus persönlichen Archiven, popkulturellen Bildern und beiläufigen Momenten. Die Transformation ins Malerische verleiht ihnen eine neue Dimension – einen matten, fast digitalen Glanz. Breyers malerisches Vokabular spielt mit glimmernden Farben und verbindet digital anmutende Oberflächen mit der taktilen Materialität der Ölmalerei. Dabei stellt sich die Frage: Spiegeln diese Bilder eine „reale“ Welt wider, oder verhandeln sie die Unmöglichkeit, Wirklichkeit unvermittelt zu erfahren – in Zeiten digitaler Bildästhetik und inszenierter Instagram-Realitäten?

In ihrer Malweise liegt eine eigentümliche Ruhe, eine Klarheit, die fast kühl wirkt – wie ein distanzierter Ton, der erzählt, ohne sich aufzudrängen. Gerade darin entfaltet sich besondere Intensität: Die Szenen halten uns auf Abstand, lassen uns nicht völlig eintreten, und schaffen gerade dadurch einen Raum für Reflexion und Projektion. Aus dieser Distanz heraus wird zugleich die soziale Bühne spürbar, auf der sich Zugehörigkeit und Selbstinszenierung abspielen. Ihre Figuren bewegen sich selbstverständlich in urbanen Räumen, sie wissen intuitiv, welche Objekte, Gesten und Codes einen Zeitgeist verkörpern.

Breyers Porträts sind eingebettet in Bildräume, die wie Stillleben funktionieren. Neben den Personen tauchen immer wieder Objekte auf, die beiläufig platziert scheinen und doch viel über ihre Besitzerinnen erzählen. Sie sind keine bloßen Requisiten, sondern Hinweise auf soziale Umgangsformen – Zeugnisse von Milieus, Moden, urbaner Lebensrealität. Das Sushi am Badewannenrand, die Kabelkopfhörer, die glänzende Sonnenbrille – keine Dekoration, sondern Marker einer Haltung. Wie eine Stadtwohnung, die sich fast von selbst einrichtet, legen die Bilder ein Gespür für die unsichtbaren Regeln offen, die unsere Gegenwart prägen.

Für junge Frauen in Großstädten bedeutet das: ein Balanceakt zwischen Selbstermächtigung und Anpassung. Die Codes werden beherrscht, genutzt, spielerisch überhöht – und bleiben doch Teil eines Geflechts, das Zugehörigkeit verspricht, aber Distanz mit sich bringt. Mit popkulturellen Verweisen – von Sex and the City bis Pop-Musik – nimmt Breyer Selbstsicherheit ebenso stille Momente des Zögerns, Authentizität und Performance von Lifestyle in den Blick.

So entsteht in waiting for connection… ein Schwebezustand: Die Szenen sind nah, beinahe intim, und gleichzeitig unerreichbar. Sie erzählen von Freundschaft und Zärtlichkeit, von Popkultur und urbaner Realität – aber ebenso von dem leisen Zweifel, wo Verbindung überhaupt möglich ist. In einer Zeit, in der das Leben in Großstädten zunehmend von Konsum, entkörperlichter Kommunikation und Kommerzialisierung geprägt ist, macht Breyer diesen wattigen Zwischenraum sichtbar – und sich zugleich auf die Suche nach Verbundenheit. Vielleicht liegen das Berührende und die Schönheit in Breyers Bildern genau in dieser Ambivalenz.


„waiting for connection…“ Elisa Breyer

11.09 - 11.10.2025
Galerie Gegen & Lücke
Mi-Sa 12:00 - 18:00 Uhr
Vernissage: 11. 09. 18:00 Uhr
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