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Jazz am Helmholtzplatz e.V. präsentiert

EWA WANAT (NOVI SINGERS), POLEN präsentiert von OLA BLACHNO QUARTET.


  • Ola Blachno – vocals
  • Arseny Rykov – piano
  • Michał Aftyka – bass
  • Johannes Metzger – drums


Ewa Wanat (*1942) war eine der führenden Stimmen der polnischen Jazzszene der 1960er und 1970er Jahre und ein Gründungsmitglied der renommierten Vokalgruppe Novi Singers. Die Gruppe, deren Name für „New Original Vocal Instruments“ steht, wurde 1964 in Warschau von fünf Musikstudenten gegründet und war bekannt für ihre innovative Nutzung der menschlichen Stimme als Instrument. Neben Wanat gehörten Bernard Kawka, Janusz Mych, Waldemar Parzyński und Aleksander Głuch zu den Gründungsmitgliedern. Die Novi Singers verbanden Gesang mit instrumentaler Virtuosität. Wanat, ursprünglich Geigerin, trug mit ihrem Sopran und ihrer Vielseitigkeit maßgeblich zum charakteristischen Sound der Gruppe bei. Ein zentrales Merkmal ihrer Musik war der Verzicht auf Texte zugunsten von Scat-Gesang, wodurch Improvisation und Ausdruckskraft maximiert wurden. Wanat betonte: „Vor allem fanden wir die menschliche Stimme ein perfektes Jazz-Instrument, und die Möglichkeiten in Klang, Ausdruck und Interpretation waren unbegrenzt.“ In den 1950er und 1960er Jahren standen die Vokalensembles hoch im Kurs.

In einer Zeit, in der Jazz in Polen als Symbol westlicher Werte galt und oft als subversiv betrachtet wurde, war die Musik der Novi Singers ein Akt kultureller Selbstbehauptung, vermochte es aber auch, der Zensur zu entgehen. Die Gruppe trat bei bedeutenden Veranstaltungen auf, darunter das Jazz Jamboree in Warschau, das Internationale Jazzfestival in Zürich und – besonders hervorzuheben – das Newport Jazz Festival in den USA, das ihnen internationale Anerkennung verschaffte. Alben wie Bossa Nova (1967) und Rien Ne Va Plus (1973) zeigen ihre stilistische Vielfalt und Innovationskraft. Die politische Situation in Polen war durch starke Einschränkungen der künstlerischen Freiheit geprägt. Jazz wurde oft als „verbotene Frucht“ wahrgenommen. Wanat und die Novi Singers nutzten die Musik jedoch als Ausdruck persönlicher und kollektiver Freiheit. Der bewusste Verzicht auf Texte und die Fokussierung auf Scat-Gesang waren zugleich künstlerische Entscheidung und subtile politische Aussage.

Nach dem Rückzug von Bernard Kawka 1973 und der späteren Auflösung der Gruppe 1985 blieb Ewa Wanat der Musik treu. Sie trat weiterhin auf und prägte die polnische Jazzszene nachhaltig. Ihr Engagement und ihre künstlerische Integrität machen sie zu einer Schlüsselfigur des polnischen Jazz und zu einem Symbol für die Kraft der Musik als Ausdruck von Freiheit und Widerstand.



OLA BLACHNO

Ola Błachno ist eine polnische Jazzsängerin, Komponistin, Texterin und Violinistin, die inzwischen in Berlin wirkt.  Sie begann ihre musikalische Ausbildung mit Geige und besuchte in Warschau Musikschulen (Skrzypce u. a.) sowie Jazzgesangsstudien unter anderem am Jazz-Institut Berlin.  Ihr Debütalbum How To Be Me erschien 2019; sie führt eigene Projekte wie das Ola Błachno Quartet und das Ola Błachno Octet.  Sie tritt regelmäßig bei Jazzfestivals und Wettbewerben auf, wurde mehrfach ausgezeichnet (z. B. Preise bei Novum Jazz Festival, Jazz nad Odrą, Ladies’ Jazz Festival) und ist Stipendiatin (u. a. Elsa-Neumann Stipendium) . Sie arbeitet aktuell an einem neuen Oktett-Album mit dem Titel „Warschauer Straße“, das Jazz mit Gesang, Elektronik und Streichquartett kombiniert. https://ola.blachno.pl/

MICHAŁ AFTYKA

Michał Aftyka ist ein polnischer Kontrabassist und Komponist, der zu den jungen Stimmen des Jazz in Polen gehört.  Er absolvierte seine Ausbildung in Jazz-Kontrabass in Warschau und Katowice und ist derzeit auch Doktorand an der Musikakademie in Wrocław.  Sein Quintett veröffentlichte 2023 das Debütalbum Frukstrakt, mit dem er den Fryderyk Award als „Jazzowy Debiut Roku“ gewann; auch wurde das Album international rezipiert und nominiert.  Neben seinem Quintett ist er beteiligt an Projekten wie dem Amalia Umeda Quartet, dem JAH Trio und Kollaborationen mit Ola Błachno.   https://www.deutscher-jazzpreis.de/award-category/debuet-album-des-jahres-international/





ARSENY RYKOV

Arseny Rykov ist ein russischer Pianist und Komponist, der in Berlin ansässig ist. Sein Stil verbindet impressionistische Klangfarben mit zeitgenössischem Jazz und einer Vorliebe für subtile Interaktion. Er leitet sein eigenes Trio, tritt im Duo mit Mathilde Vendramin auf und ist in der Berliner Jazzszene breit vernetzt. Konzertauftritte führten ihn in Clubs wie Donau115 oder auf Festivals. Weitere Informationen: https://www.instagram.com/arseny_rykov?igsh=MXZvNGZueGdrZGxzdQ==

JOHANNES METZGER

Johannes Metzger ist Schlagzeuger und Komponist mit Wohnsitz in Berlin.  Er studierte Jazz-Schlagzeug am Jazz Institut Berlin und an der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover bei Lehrenden wie John Hollenbeck, Jim Black, Oliver Steidle etc.  Metzger hat über 20 Alben eingespielt und ist regelmäßig auf nationalen und internationalen Festivals aktiv, darunter Elbjazz, Jazzbaltica, Leverkusener Jazztage etc.  Als Bandleader veröffentlichte er FRAMES (2022) und How Far? feat. Benjamin Schaefer (2023) mit seinem Quartet; außerdem das Album Orange Sky mit seiner Septett-Formation CAPTCHA.  Er ist mehrfacher Gewinner verschiedener Jazzpreise (z. B. Munich Jazz Award, Hannover Jazz Award, Future Sounds Contest).                                  www. johannes-metzger.com

Hintergrund:
Female Cadence: Frauen im europäischen Jazz um 1960 (Oktober 2025 – Januar 2026) widmet sich vergessenen Musikerinnen, die den Jazz in Europa entscheidend geprägt haben. Im Zentrum stehen Künstlerinnen wie Lolita Garrido (Spanien), Pia Beck (Niederlande), Colette Magny (Frankreich), German Tülay (Türkei), Kathy Stobart (Großbritannien) und Ewa Wanat (Polen).

Das Projekt bringt diese Künstlerinnen zurück ins öffentliche Bewusstsein, indem Berliner Musikerinnen wie Olga Reznichenko, Mathilde Vendramin, Lucia Boffo, Pinar Tatlikazan, Birgitta Flick und Ola Blachno mit ihren Ensembles Werke dieser Frauen neu interpretieren, transkribieren und mit eigenen künstlerischen Positionen verbinden. So entsteht ein Dialog zwischen Vergangenheit und Gegenwart, zwischen politisch motivierter Musikgeschichte und heutiger Jazz-Avantgarde.

Neben sechs Konzerten in Spielstätten wie der Brotfabrik und dem Kubiz Raoul Wallenberg umfasst die Reihe Vorträge und ein Programmheft. Im Anschluss entsteht ein Podcast. Damit wird weibliche Jazzgeschichte nachhaltig sichtbar gemacht und zugleich ein Diskurs über die gesellschaftlichen Bedingungen jener Musikerinnen eröffnet – patriarchale Strukturen und autoritäre Regime rücken hierbei in den Fokus. Dabei soll auch ein Blick auf die heutigen Konditionen im Jazz geworfen worden, sowie aktuelle künstlerische Positionen von Musikerinnen des Jazz und der Improvisationsmusik präsentiert werden.

Die Konzertreihe versteht sich als Beitrag zur Sichtbarmachung vergessener weiblicher Biografien und als Reflexion darüber, wie sehr künstlerischer Ausdruck und gesellschaftlicher Protest damals wie heute ineinandergreifen.

Gefördert vom Musikfonds e.V. mit Mitteln des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien.
Idee und Umsetzung: Regina Câmara


Zusätzliche Informationen
Termine
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