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Die Kunst der leichten Ernsthaftigkeit

Ein klarer Blick. Und eine treffende Einordnung, die vielen längst abhandengekommen ist.


Es überrascht kaum: Die familiäre Nähe zu pädagogischen Berufen, Heyns eigene Tätigkeit als Kunst-Kursleiter für Kinder, das ständige Lernen in der Auseinandersetzung mit jungen Perspektiven. All das spiegelt sich in Heyns künstlerischen Praxis. Die kindliche Sichtweise ist bei Heyn kein gestalterisches Motiv, sondern ein epistemologischer Ausgangspunkt.

Als Autodidakt entzieht er sich akademischen Routinen.

Seine Malerei ist ungebunden, neugierig, oft spielerisch. Die Farben sind laut, der Duktus direkt, die Motive aufgeladen mit einer Unmittelbarkeit, die zunächst naiv erscheinen mag. Äpfel, Stühle, Gesichter, Stillleben; klassisch geladene Abbildungen tauchen auf, doch nicht in zitierender Absicht, sondern als Möglichkeitsformen. Was zählt, ist das Dazwischen, das Wechselspiel von Form und Farbe, das Reibungsfeld, das durch Überlagerung, Störung oder Verdichtung entsteht.


Im kunsthistorischen Kontext reiht sich Heyns Haltung in eine lange Linie von Positionen ein, die das Unmittelbare, das scheinbar Kindliche oder Ungelehrte als kritische Strategie verstehen. Bereits Henri Rousseau wurde in der frühen Moderne als Grenzfigur rezipiert, als jemand, der jenseits akademischer Konventionen eine neue visuelle Sprache etablierte. In diesem Zusammenhang lohnt der Blick auch auf die Künstlerin Rose Wylie, deren bewusst ungelenke Bildsprache als radikales Statement gegen konventionelle Malereidiskurse gelesen werden kann. Die oft kalkulierte Naivität in den Werken kann auch immer gelesen werden als ein Entgegensetzen gegen patriarchale Symbolsysteme. Es zeigt sich eine Haltung, die nicht anti-intellektuell, aber anti-hierarchisch ist und darin strukturell verwandt mit Heyns Zugang.

Im Werk Heyns ist dieser Impuls weder theoretisiert noch didaktisch ausformuliert. Er ist spürbar, in der Geste, im Zugriff, in der Haltung gegenüber dem Material. Technische Perfektion interessiert ihn nicht. Er wählt den Umweg, die Brechung, das Ungerade. Der Witz, der in vielen Arbeiten steckt, ist nie bloß Illustration, sondern ein Mittel zur Distanz. Die Leichtigkeit bleibt irritierend, weil sie immer auch das Unheimliche berührt. Die fröhlichen Gesichter, von denen meine Nichte spricht, überlassen Betrachtenden einen freien Interpretationsrahmen. Man denkt an Puppen, an Masken, an etwas, das einem Blick zwar ausgesetzt ist, ihn aber nicht erwidert.



  • „Probieren geht über studieren“
  • Björn Heyn
  • 04.07 - 02.08.2025
  • Vernissage: 04.07, 18:00-21:00

Termine
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