
Vocal Affairs – Eine neue, solidarische und feministische Kartographie des Weddings
Vom 10. bis 14. September 2025 lädt die Tanznacht Berlin unter dem Titel „Vocal Affairs“ zu einer neuen Ausgabe des renommierten Festivals für zeitgenössischen Tanz und Performance.
Kuratiert von Felicitas Zeeden und Mila Pavićević, dreht sich das diesjährige Programm um die künstlerische, politische und klangliche Dimension der feministischen Stimme – als Ausdruck von Lust, Unbehagen und Widerstand.
Anderseits steht die feministische Stimme als künstlerische und politische Positionierung in einer zutiefst patriarchalen Gesellschaft im Mittelpunkt des Festivals.
Um neoliberalen Vorstellungen von privater Förderung und Exzellenz als höchstem Gut der freien Szene entgegenzuwirken, wird ein Fokus der Tanznacht auf der Unterstützung und Präsentation von nicht-geförderten Projekten liegen. Neben den größeren Aufführungen gibt es Chöre, Konzerte, Lecture Performances sowie Residenzen und Workshops. Ein besonderer Fokus liegt auf Stimmen aus Osteuropa und dem ehemaligen Jugoslawien, deren künstlerische Strategien unter prekären Bedingungen und politischen Umbrüchen als widerständige Praktiken lesbar werden. Mit dabei sind u.a. Jule Flierl & Irena Z. Tomažin, Agata Siniarska, Ana Lessing Menjibar, Sergiu Matis, MONAliesA, Open Group, Kasia Wolinska, Olympia Bukkakis und Sheena McGranddles.
In Kooperation mit dem PSR Kollektiv, SAVVY Contemporary und dem Leipziger Literaturkollektiv MONAliesA, entsteht ein Festivalnetzwerk, das sich über mehrere Orte im Berliner Wedding erstreckt – darunter die Uferstudios, SAVVY Contemporary und ein neuer Ort in der Grüntaler Straße 9.„Die Tanznacht ist ein Festival von der und für die Freie Szene Berlins, die angesichts der verheerenden Kürzungen in der Kulturförderung ins Wanken gerät: Statt in dieser Situation in eine Logik des Gegeneinanders zu geraten und um die wenigen verfügbaren Mittel zu konkurrieren, möchten wir Kulturschaffende und Künstler:innen sowie die Teams von Kulturinstitutionen und ihre Publika sowie deren Nachbarschaften zusammenbringen.
"Das Ziel ist es, Kräfte zu bündeln, Ressourcen zu teilen, voneinander zu lernen, Zeit und Räume gemeinsam zu nutzen und neue solidarische Arbeitsbeziehungen zu etablieren.“ — Felicitas Zeeden, Kuratorin der Tanznacht Berlin.
Festivaleröffnung: Otucha Choir – Polyphonic Ancestral Disco
Die Eröffnung am 10. September setzt ein klares Statement: Der Otucha Choir, ein neunköpfiges FLINTA+ Vokalensemble, lässt im Hof der Uferstudios eine vielstimmige, raue Klangperformance entstehen. Unter dem Titel „Polyphonic Ancestral Disco“ verbindet das Kollektiv traditionelle osteuropäische Hochzeitslieder mit Elementen aus Disco-Polo, ländlicher Polyphonie und experimenteller Stimmarbeit.
Dabei verstehen die Performer:innen ihre Stimmen als Werkzeuge der Selbstermächtigung: Klang wird hier zu einem Ort des Widerstands, des Erinnerns und der kollektiven Transformation. Matrilineares Wissen, verkörpert in alten Liedern, wird zu einem lebendigen Archiv, das Scham in Stärke und Tradition in radikale Gegenwart verwandelt.
Jule Flierl & Irena Z. Tomažin – U.F.O. – Hommage to Katalin Ladik
Ein weiteres Highlight des Festivals ist die Performance „U.F.O. – Hommage to Katalin Ladik“ von Jule Flierl und Irena Z. Tomažin. Die deutsche TonTänzerin und die slowenische ChoreoVokalistin setzen sich in dieser eindrucksvollen Arbeit mit dem Werk der ungarisch-serbischen Künstlerin Katalin Ladik auseinander – einer Pionierin der Klang und Performancekunst in Südosteuropa.
Basierend auf Ladiks legendärer Performance „UFO Party“ (1969) entfaltet sich eine poetisch-politische Klangreise, die die Grenzen zwischen Sprache, Körper, Stimme und
Poesie verschwimmen lässt. Die Performance wurde 2023 beim Gibanica Festival in Slowenien mit dem Preis für die beste Performance ausgezeichnet.
Bibliothek, Begegnung und Widerstand
Zentrum des Festivals ist die von MONAliesA kuratierte feministische Bibliothek im Studio 12 der Uferstudios. Mit einem Fokus auf feministische Literatur aus Ostdeutschland und der DDR wird die Bibliothek zum Ort des Diskurses, der Versammlung und des gelebten Archivs. Die dort stattfindenden Workshops orientieren sich am Konzept des „Sijelo“ – einer serbokroatischen Form der sozialen Zusammenkunft, die Praktiken wie Handarbeit, Hausarbeit, Gossip und Wissensaustausch vereint.
Tanznacht Berlin Vocal Affairs wird veranstaltet von der Tanzfabrik Berlin e.V., gefördert durch die Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt, unterstützt durch das Nationale Performance Netz Gastspielförderung Tanz, gefördert von dem Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien sowie den Kultur- und Kunstministerien der Länder. In Kooperation mit der MONAliesA, PSR Group, SAVVY Contemporary und Uferstudios GmbH.