Ein Jubiläum, wie das 40-jährige Bestehen des 1985 eröffneten Kunstgewerbemuseums (KGM) im von Rolf Gutbrod entworfenen Neubau am Kulturforum in West-Berlin, ist häufig Anlass für einen feierlichen Rückblick. Das KGM wählt einen anderen Weg und lädt zur aktiven Beschäftigung mit den vielschichtigen Ebenen nicht nur seiner Geschichte, sondern vor allem seiner Zukunft ein.
Die Ausstellung „Heimsuchung: 40 Jahre KGM am Kulturforum“ versteht sich als eine Art Séance – ein gemeinsames Hinhören auf die Echos der Vergangenheit, die Potenziale der Gegenwart und die noch ungeschriebenen Zukünfte des Hauses. Anstelle einer fest vorgegebenen Erzählung öffnet sie einen Raum für die komplexen Fragen, die diesen Ort seit vier Jahrzehnten prägen.
Visionen und Brüche
Die Geschichte des Kunstgewerbemuseums ist von Visionen und Brüchen geprägt, nicht zuletzt durch die ehemalige Teilung in Ost- und West-Berlin, die zwei bis heute existierende Standorte des Museums – das Kulturforum im Westen und Schloss Köpenick im Osten Berlins – zur Folge hatte.
Die Ausstellung spürt der Gründungsidee des Hauses als Einrichtung, die der Geschmacksbildung von Handwerkern dienen sollte, seinen ursprünglichen Antriebskräften als Unterrichtsanstalt mit Vorbildersammlung und den Konflikten nach, die mit solch einer tief im 19. Jahrhundert verwurzelten Vorstellung einhergingen. Anstatt jedoch eine abgeschlossene Version der Geschichte des Museums zu präsentieren, werden Teile der Sammlung, der Methodik und der institutionellen Vergangenheit so gezeigt, dass sie die vielschichtige Natur des Museums erlebbar machen.
Was ist von diesem Gründungsgedanken übriggeblieben beziehungsweise wie wurde er in das 20. Jahrhundert transferiert? Für die Beantwortung dieser Frage kann das Kulturforum konsultiert werden, das nicht nur Museumsstandort ist, sondern ein Ort vielfältiger Kontroversen und Debatten: Zeugnis einer Zukunftsvision, dessen heutige Realität die zahlreichen Kompromisse und ungelösten Fragen in der Geschichte des Kunstgewerbemuseums widerspiegelt.
Heim/suchung
Mit der komplexen, über annährend 20 Jahre andauernden Baugeschichte des heutigen Museums am Kulturforum gingen Konflikte und Potenziale einher, die mit neuen Anforderungen an das Museum generell verknüpft waren. Sie betrafen konservatorische und bautechnische Erfordernisse, aber vor allem den vordringlichen Auftrag und gleichermaßen Anspruch des Museums ein demokratischer Bildungsort zu sein.
Die Ausstellung widmet sich insbesondere diesen sozialen und museologischen Realitäten, für die Rolf Gutbrod mit dem Einbau einer durch das Haus eingezogenen Vermittlungsgalerie eine wegweisende und viel beachtete Lösung gefunden hatte. Die Ausstellung beleuchtet die Erfolge und das Scheitern einer gebauten Vision, und lüftet zugleich den Vorhang, um Einblicke in die Realität zu geben, die sich in den Restaurierungswerkstätten und Büros abspielt.
Die Zukunft als offene Frage
Die Ausstellung blickt nach vorn und begreift die Zukunft als einen offenen Prozess mit großem Gestaltungsspielraum. Angesichts notwendiger anstehender Veränderungen, wie Renovierung, Sanierung und inhaltlicher Neuausrichtung, stellt die Ausstellung die Zukunft des KGM zur Diskussion. Sie ist keine finale Antwort, sondern eine offene Frage, die in der Sprache der Institution gestellt wird: als Einladung an die Öffentlichkeit, am nächsten Kapitel mitzuwirken.Team
- Koordination und Co-Kuration: Ann-Kathrin Illmann, Carina Kitzenmaier, Dr. Claudia Kanowski, Kevin (Finn) Strüder, Dr. Sibylle Hoiman
- Grafikdesign: Kevin (Finn) Strüder, Carina Kitzenmaier
Eine Sonderausstellung des Kunstgewerbemuseums – Staatliche Museen zu Berlin






