Märchen - echt grimmig!
Zwei Schauspieler:innen, ein vertrauter Originaltext und eine intime Bühne sind alles, was für ein äußerst beglückendes Theatererlebnis erforderlich ist! Es war einmal - Grimms Märchen im Glaspalast.
Das eigens konzipierte Format, das zwei halbstündige Märchen pro Vorstellung bietet, verdeutlicht, wie eng der eigenwillige Reiz dieser Geschichten, ihre besondere Komik und die gruselige Spannung mit den tief verwurzelten Ängsten und Hoffnungen eines jeden verknüpft sind.
Die Bühne verwandelt sich im Handumdrehen in einen opulent gedeckten Tisch, auf dem für alle etwas geboten wird: höchst unterhaltsame Freude.
Hänsel und Gretel
Der alltägliche Schockreport über Aussetzung und Missbrauch erregt unser Empörtsein, und angewidert blättern wir zu Börse oder Sport. Doch wenn sich Hänsel und Gretel klammheimlich zu uns in die Hütte stehlen, sind sie längst tot: Verdarbt, erfroren, aufgezehrt. In sich gekehrt und schüchtern beichten uns die kleinen Leichen, wie ihnen widerfuhr. Und irgendwie gelingt es den Gespensterchen, uns mitzuzerren in ihr namenloses Grauen: Wir werden selbst das Kind, stehen gottlos in der kalten Waldnacht rum, alleingelassen, verloren... Mama? Papa? Hört uns denn keiner? Kommt nirgends Hilfe her? Nein? Nein, nur die böse Hexe hört unser Rufen und alles, alles kommt noch immer schlimmer: Kein schönes Märchen, das! Weil es kein Märchen ist.
Rapunzel
“Rapunzel, lass mir Dein Haar herunter...”, Worte einer Mär, die mindestens so altbekannt sind, wie seine Autoren, die sie schriftlich für die Nachwelt festgehalten haben. Jeder kennt dieses Märchen: Eine Geschichte der Erfüllung sehnlichster Wünsche und der ersten großen und immerwährenden Liebe. Doch lassen wir dieses Märchen Wirklichkeit werden, beginnt es von uns Besitz zu ergreifen und plötzlich gehen die Figuren in uns über. Auf einmal ist es das Märchen, das den Zuschauer beobachtet und in Frage stellt. Alles steht Kopf und es eröffnen sich Abgründe, die nur noch in einer opulenten Barock-Oper Ausdruck finden.