
Jazz am Helmholtzplatz e.V. präsentiert
Die niederländische Pianistin und Sängerin Pia Beck (1925-2009) gehörte in den 1950er-Jahren zu den populärsten Jazzmusikerinnen Europas. 1925 in Den Haag geboren, begann sie schon als Kind mit dem Klavierspiel.
Nach ersten Auftritten in den Kriegsjahren wurde sie 1945 Pianistin und Sängerin im Miller Sextet, mit dem sie in Europa und Indonesien tourte. 1949 gründete sie ihr eigenes Trio und landete mit Pia’s Boogie einen Hit, der hunderttausendfach verkauft wurde und zu ihrem Markenzeichen wurde.
PIA BECK
präsentiert von
OLGA REZNICHENKO TRIO
- Olga Reznichenko – piano
- Lorenz Heigenhuber – bass
- Maximilian Stadtfeld – drums
In den folgenden Jahren tourte Beck durch ganz Europa, spielte in den Niederlanden regelmäßig im „De Vliegende Hollander“ und trat ab 1952 auch in den USA auf – etwa im berühmten Birdland in New York. Dort erlebte sie Begegnungen mit vielen Jazzgrößen, erhielt viel Anerkennung und wurde sogar Ehrenbürgerin von New Orleans und Atlanta. 1956 widmete ihr das Time Magazine ein Porträt und gab ihr den Beinamen „The Flying Dutchess“.
Beck war eine brillante Pianistin mit großer Bühnenpräsenz, die Jazz, Swing und Boogie mit Leichtigkeit und Humor verband. Sie sang in mehreren Sprachen, liebte die Show, fuhr schnelle Autos und präsentierte sich selbstbewusst als Star. Ihr Stil blieb zugleich zugänglich: Sie wollte, wie sie selbst sagte, „unterhalten und für die Menschen spielen“.
Mitte der 1960er-Jahre zog sie sich mit ihrer Lebensgefährtin Marga Samsonowski und deren Kindern nach Spanien zurück. Dort führte sie eine Pianobar, moderierte Radiosendungen, arbeitete als Immobilienmaklerin und schrieb Reiseführer. Dennoch blieb sie der Musik verbunden und kehrte in den 1970er-Jahren noch einmal auf die niederländischen Bühnen zurück – mit großen Konzerten, neuen Platten und Tourneen, u. a. mit der Dutch Swing College Band. Auch beim North Sea Jazz Festival war sie zu hören.
Besondere Bedeutung hatte Becks Haltung als offen lesbische Musikerin in einer Zeit, in der Homosexualität noch stark tabuisiert war. Gemeinsam mit Samsonowski lebte sie diese Partnerschaft ohne Heimlichkeit. 1977 beteiligte sie sich am Protestkonzert „Miami Nightmare“ im Concertgebouw Amsterdam, das sich gegen die homophobe Kampagne der US-Sängerin Anita Bryant richtete. Beck wollte nie ausschließlich als Symbolfigur der Bewegung gelten, doch sie setzte ein wichtiges Zeichen, indem sie sich offen und sichtbar engagierte.
Auch wenn ihre Popularität in den 1980er- und 1990er-Jahren vor allem nostalgisch getragen war, blieb Pia Beck bis ins hohe Alter aktiv. 2000 feierte sie mit einem großen Jubiläumskonzert ihr 75. Lebensjahr und 60-jähriges Bühnenjubiläum. Drei Jahre später verabschiedete sie sich endgültig von der Bühne.
Pia Beck starb 2009 in Torremolinos, wenige Monate nach dem Tod ihrer Lebensgefährtin. Sie hinterließ ein reiches musikalisches Werk und die Erinnerung an eine außergewöhnliche Frau, die als Musikerin, Entertainerin und Persönlichkeit Maßstäbe setzte – und die zugleich eine Pionierin für Sichtbarkeit und Selbstbestimmung war.
OLGA REZNICHENKO
Olga Reznichenko ist eine Pianistin und Komponistin aus Russland, die heute in Leipzig lebt und zur jüngeren deutschen Jazzszene zählt. Ihre Musik vereint Einflüsse aus Klassik, zeitgenössischer Improvisation und Jazz. Sie leitet eigene Ensembles und ist auch als gefragte Sidemusikerin aktiv.
LORENZ HEIGENHUBER
Lorenz Heigenhuber ist ein deutscher Jazz-Bassist (Kontrabass und E-Bass), der zur jüngeren Generation zählt. Er war zwischen 2008 und 2011 Mitglied des Landesjugendjazzorchesters Bayern. Später studierte er u.a. in München und ab etwa 2017 in Leipzig. Er kooperiert mit Bands wie dem Olga Reznichenko Trio (Album Somnambule, 2022) und spielt auf Moritz Stahl’s Album Traumsequenz (2024). Er erhielt 2019 mit dem Trio Heuken / Stadtfeld / Heigenhuber den Jazznachwuchspreis der Stadt Leipzig.
MAXIMILIAN STADTFELD
Maximilian „Max“ Stadtfeld ist ein deutscher Schlagzeuger aus Konstanz. Er lebt und arbeitet in Leipzig, wo er seit seinem Abschluss (2018) als Freiberufler tätig ist. 2019 erschien sein Debütalbum Stax beim Label ACT, 2022 folgte Suboptimal, und weitere Projekte wurden angekündigt. Er spielt oft mit seiner Band STAX und ist in verschiedenen jungen Formationen in Süd- und Ostdeutschland aktiv.
Hintergrund:
Female Cadence: Frauen im europäischen Jazz um 1960 (Oktober 2025 – Januar 2026) widmet sich vergessenen Musikerinnen, die den Jazz in Europa entscheidend geprägt haben. Im Zentrum stehen Künstlerinnen wie Lolita Garrido (Spanien), Pia Beck (Niederlande), Colette Magny (Frankreich), German Tülay (Türkei), Kathy Stobart (Großbritannien) und Ewa Wanat (Polen).
Das Projekt bringt diese Künstlerinnen zurück ins öffentliche Bewusstsein, indem Berliner Musikerinnen wie Olga Reznichenko, Mathilde Vendramin, Lucia Boffo, Pinar Tatlikazan, Birgitta Flick und Ola Blachno mit ihren Ensembles Werke dieser Frauen neu interpretieren, transkribieren und mit eigenen künstlerischen Positionen verbinden. So entsteht ein Dialog zwischen Vergangenheit und Gegenwart, zwischen politisch motivierter Musikgeschichte und heutiger Jazz-Avantgarde.
Neben sechs Konzerten in Spielstätten wie der Brotfabrik und dem Kubiz Raoul Wallenberg umfasst die Reihe Vorträge und ein Programmheft. Im Anschluss entsteht ein Podcast. Damit wird weibliche Jazzgeschichte nachhaltig sichtbar gemacht und zugleich ein Diskurs über die gesellschaftlichen Bedingungen jener Musikerinnen eröffnet – patriarchale Strukturen und autoritäre Regime rücken hierbei in den Fokus. Dabei soll auch ein Blick auf die heutigen Konditionen im Jazz geworfen worden, sowie aktuelle künstlerische Positionen von Musikerinnen des Jazz und der Improvisationsmusik präsentiert werden.
Die Konzertreihe versteht sich als Beitrag zur Sichtbarmachung vergessener weiblicher Biografien und als Reflexion darüber, wie sehr künstlerischer Ausdruck und gesellschaftlicher Protest damals wie heute ineinandergreifen.
Gefördert vom Musikfonds e.V. mit Mitteln des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien.
Idee und Umsetzung: Regina Câmara
Zusätzliche Informationen
Termine
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