
...präsentiert von Jazz am Helmholtzplatz e.V
Female Cadence: Frauen im europäischen Jazz um 1960 (Oktober 2025 – Januar 2026) widmet sich vergessenen Musikerinnen, die den Jazz in Europa entscheidend geprägt haben, heute: Colette Magny.
COLETTE MAGNY präsentiert vom MATHILDE VENDRAMIN ENSEMBLE
- Mathilde Vendramin – vocals
- Arseny Rykov – piano
- Thiago Duarte – bass
- Steven Moser – drums
Colette Magny
Die französische Sängerin, Komponistin und Dichterin Colette Magny (1926-1997) war eine der außergewöhnlichsten Persönlichkeiten der Nachkriegsmusik in Frankreich. 1926 in Paris geboren, begann sie spät mit einer Musikerinnenkarriere als Autodidaktin. Seit ihrem Auftritt in der legendären Sendung „Petit consérvatoire de la chanson“ ging es mit ihrem Erfolg als Sängerin aufwärts.1963 landete sie mit Melocoton überraschend einen Hit – ein poetischer Chanson, der vielfach gecovert wurde. Doch Magny wollte sich nicht auf gefällige Lieder reduzieren lassen: Sie wandte sich Jazz, Blues und Folk zu, experimentierte mit Sprache und Klängen und entwickelte einen unverwechselbaren, kompromisslosen Stil.
Ihre Stimme war kraftvoll, tief, unverstellt. Magny vertonte Texte von Victor Hugo, Jean-Paul Sartre oder Louis Aragon, schrieb eigene Gedichte und verband Musik mit politischem Engagement. Sie positionierte sich gegen den Vietnamkrieg, unterstützte die algerische Unabhängigkeitsbewegung und nahm soziale Kämpfe und Repression in den Blick.
Besonders prägend war ihre Zusammenarbeit mit Musiker*innen aus dem französischen Free Jazz, allen voran dem Pianisten François Tusques. Mit ihm und anderen Jazzavantgardisten brachte sie experimentelle Kompositionen und frei improvisierte Strukturen auf die Bühne. Diese Verbindung von politischer Haltung und musikalischer Avantgarde machte sie zu einer Stimme des Protests in den späten 1960er-Jahren. Ein Höhepunkt war ihr Auftritt beim Festival d’Avignon 1969, wo sie mit radikalen Stücken das Publikum polarisierte.
Magny arbeitete auch mit bekannten Musiker*innen des Mainstream-Jazz zusammen, etwa Mickey Baker, George Arvanitas, Pierre Michelot oder Christian Garros. Doch ebenso selbstverständlich trat sie mit Amateurgruppen, in kleinen Bars oder bei Solidaritätsveranstaltungen auf. Für sie war Musik ein Mittel der Teilhabe und des Austauschs, nicht nur eine Frage von Ruhm oder Karriere.
Ihre Schallplatten spiegeln diese Spannweite wider: Neben eingängigen Chansons und Bluesstücken veröffentlichte sie Alben mit Sprachcollagen, Improvisationen und politischen Manifesten. Damit passte sie in keine Schublade – zu experimentell für den Chanson-Markt, zu direkt politisch für die Musikindustrie. Dieser Eigensinn trug dazu bei, dass sie immer wieder aneckte und von den großen Medien kaum unterstützt wurde.
Als Colette Magny 1997 starb, blieb ihr Tod in der Presse nahezu unbeachtet. Doch ihr Werk lebt fort: durch Wiederveröffentlichungen, in Reinterpretationen anderer Künstlerinnen und als Inspiration für neue Generationen von Musikerinnen, die Kunst und Engagement verbinden.
Colette Magny war eine rebellische, poetische und zutiefst menschliche Stimme – eine Künstlerin, die der Musik neue Ausdrucksmöglichkeiten eröffnete und dabei ihrer Haltung treu blieb.
Ihre Songs sind Dokumente einer Zeit des Aufbruchs und zugleich überraschend aktuell in ihrer Klarheit und Dringlichkeit.
MATHILDE VENDRAMIN
Mathilde Vendramin ist eine französische Cellistin, Sängerin und Komponistin, die in Berlin lebt und arbeitet. Ihre Musik verbindet Jazz, Klassik und freie Improvisation und schafft intime, poetische Klangräume. Neben eigenen Projekten tritt sie regelmäßig im Duo mit dem Pianisten Arseny Rykov und in Quartett-Besetzungen auf. Für 2025 sind neue Veröffentlichungen mit ihrem Ensemble geplant. Mehr Informationen: mathildevendramin.com
ARSENY RYKOV
Arseny Rykov ist ein russischer Pianist und Komponist, der in Berlin ansässig ist. Sein Stil verbindet impressionistische Klangfarben mit zeitgenössischem Jazz und einer Vorliebe für subtile Interaktion. Er leitet sein eigenes Trio, tritt im Duo mit Mathilde Vendramin auf und ist in der Berliner Jazzszene breit vernetzt. Konzertauftritte führten ihn in Clubs wie Donau115 oder auf Festivals.
https://www.instagram.com/arseny_rykov?igsh=MXZvNGZueGdrZGxzdQ==
THIAGO DUARTE
Thiago Duarte ist ein brasilianischer Bassist, der seit einigen Jahren in Berlin lebt. Er ist in der Jazzszene als vielseitiger Musiker bekannt, der sowohl moderne Improvisationen als auch traditionelle Grooves beherrscht. Mit Projekten wie dem Quartett um Mathilde Vendramin und Arseny Rykov prägt er das aktuelle Berliner Musikleben. Weitere Informationen: https://www.thduarte.com/
STEVEN MOSER
Steven Moser ist ein junger Schlagzeuger in Berlin, der sich durch stilistische Offenheit und große Spielfreude auszeichnet. Er tritt in verschiedenen Ensembles auf, darunter Projekte wie „Spoken Jazz“ mit Mathilde Vendramin. Neben Auftritten in Clubs arbeitet er an eigenen künstlerischen Projekten. Weitere Informatinen: https://www.instagram.com/mevenstoser?igsh=MThtMzFjaWkya21scQ==
Hintergrund:
Female Cadence: Frauen im europäischen Jazz um 1960 (Oktober 2025 – Januar 2026) widmet sich vergessenen Musikerinnen, die den Jazz in Europa entscheidend geprägt haben. Im Zentrum stehen Künstlerinnen wie Lolita Garrido (Spanien), Pia Beck (Niederlande), Colette Magny (Frankreich), German Tülay (Türkei), Kathy Stobart (Großbritannien) und Ewa Wanat (Polen).
Das Projekt bringt diese Künstlerinnen zurück ins öffentliche Bewusstsein, indem Berliner Musikerinnen wie Olga Reznichenko, Mathilde Vendramin, Lucia Boffo, Pinar Tatlikazan, Birgitta Flick und Ola Blachno mit ihren Ensembles Werke dieser Frauen neu interpretieren, transkribieren und mit eigenen künstlerischen Positionen verbinden. So entsteht ein Dialog zwischen Vergangenheit und Gegenwart, zwischen politisch motivierter Musikgeschichte und heutiger Jazz-Avantgarde.
Neben sechs Konzerten in Spielstätten wie der Brotfabrik und dem Kubiz Raoul Wallenberg umfasst die Reihe Vorträge und ein Programmheft. Im Anschluss entsteht ein Podcast. Damit wird weibliche Jazzgeschichte nachhaltig sichtbar gemacht und zugleich ein Diskurs über die gesellschaftlichen Bedingungen jener Musikerinnen eröffnet – patriarchale Strukturen und autoritäre Regime rücken hierbei in den Fokus. Dabei soll auch ein Blick auf die heutigen Konditionen im Jazz geworfen worden, sowie aktuelle künstlerische Positionen von Musikerinnen des Jazz und der Improvisationsmusik präsentiert werden.
Die Konzertreihe versteht sich als Beitrag zur Sichtbarmachung vergessener weiblicher Biografien und als Reflexion darüber, wie sehr künstlerischer Ausdruck und gesellschaftlicher Protest damals wie heute ineinandergreifen.
- Gefördert vom Musikfonds e.V. mit Mitteln des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien.
- Idee und Umsetzung: Regina Câmara
Tickets 15/12 Euro
Zusätzliche Informationen
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Oktober 2025
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