New Perspectives on Puhlmann’s Fashion Photography
In unmittelbarer Nachbarschaft zu der großen Retrospektive „Rico Puhlmann. Fashion Photography 50s–90s“ im Museum für Fotografie präsentieren fünfzehn Fotografie-Studierende des Lette Vereins Berlin neue fotografische und filmische Arbeiten, die sich auf vielfältige Weise mit dem Werk des Modefotografen auseinandersetzen.
Während Puhlmann über vier Jahrzehnte das Modebild prägte und eine eigenständige Bildsprache zwischen Eleganz, Klarheit und Inszenierung entwickelte, greifen die beteiligten Künstler*innen zentrale Elemente seines Œuvres auf und variieren sie in gegenwärtigen Fragestellungen.
Präsenz und Haltung sind zentral für Puhlmanns Fotografien:
Seine ikonischen Modeaufnahmen sind oft von der fotografisch klar gesetzten Figur im Stadtraum geprägt, wodurch Körperlichkeit, Pose und Kleidung zu skulpturalen Erscheinungen verdichtet werden. Dieses Zusammenspiel von Mode, Körper, Raum und Blick bildet den Ausgangspunkt vieler Arbeiten der jungen Fotograf:innen.
Zugleich eröffnet die Ausstellung neue Lesarten: Wie lässt sich Puhlmanns Verständnis von Stil, Identität und Fotografie heute lesen, in einer Zeit, in der Diversität, Sichtbarkeit und Repräsentation neu verhandelt werden?
Puhlmanns Modebilder hinterfragt und neu interpretiert
Die Modestrecken der Studierenden greifen in ihrer Auseinandersetzung mit Puhlmanns Arbeiten sowohl ästhetische als auch gesellschaftliche Aspekte auf und formulieren eigenständige zeitgenössische Antworten. Einige Positionen knüpfen an seine elegante, ruhige Bildsprache an und übertragen sie in heutige urbane Räume, in natürliches Licht und in ein reduziertes visuelles Vokabular. Andere untersuchen, wie Körper, Kleidung und architektonische Hintergründe sich in dialogische Räume verwandeln, in denen Pose und Präsenz neu gelesen werden können.
Aber auch der Zeitgeist und die gesellschaftlichen Normen der 1950er bis 1990er Jahre, die sich über Puhlmanns Modebilder vermitteln, wurden befragt. Themen wie Sichtbarkeit, Selbstbehauptung, queere Lebensrealitäten, das Aufbrechen normativer Schönheits- und Körperbilder sowie der Umgang mit Alter und Diversität waren dabei zentral. Die aktuellen Arbeiten setzen auf Vielfalt, Direktheit und eine bewusste Öffnung gegenüber unterschiedlichen Körpern, Identitäten und Lebensentwürfen und schaffen so neue Blickwinkel auf ein traditionsreiches Genre.
Es sind Modefotografien entstanden, die Vintage-Stücke mit heutiger Mode verbinden oder Entwürfe junger Designer:innen zeigen. Hier treffen moderne auf postmoderne Silhouetten, durchscheinende Stoffe auf robustes Leder, knallige Farben auf klassisches Schwarzweiß. Die Grenzen zwischen Dokumentation und Inszenierung, zwischen urbanem Realraum und stilisiertem Bildraum werden dabei bewusst offengehalten.
Auch filmische Positionen führen Puhlmanns Interesse an Bewegung und Körperlichkeit sowie dem Spiel zwischen Kontrolle und situativer Offenheit weiter und übertragen es in die Dynamik des heutigen Stadtraums.
So entsteht ein vielstimmiges Panorama, das nicht nur Puhlmanns Bildwelten reflektiert, sondern zugleich fragt, wie Modefotografie heute funktionieren kann: als Raum der Repräsentation, als ästhetische Praxis, als soziale und politische Aussage?
Die Ausstellung lädt dazu ein, zeitgenössische Ästhetiken in Beziehung zu einem historischen Werk zu setzen und zu entdecken, wie sich Haltung, Körper und Mode über Generationen hinweg neu inszenieren, verschieben und verhandeln.
Beteiligte Künstler:innen
Anita Schulte-Bunert, Elise Witt, Enno Grams, Inna Tonn, Isaac Waldvogel, Lara Marie Schless, Layla Behme, Lilith Kirsch, Marcus Arthur, Moe Otto, Max Philippi, Melissa M. Schwarzinger, Niels Lucke, Phuong Anh Nguyen Le, Tabea Jablonski, Vroni Belm
Kuratorisches Team
- Die Ausstellung wird kuratiert von Katja Böhlau und Ina Schoof.
Eine Sonderausstellung der Kunstbibliothek – Staatliche Museen zu Berlin in Kooperation mit dem Lette Verein Berlin









