
BLEND – triefender, saftiger Kaffeeklatsch, bei dem Gossip zur Choreografie, Geschmack entkultiviert und Genuss zur widerständigen Praxis wird.
Zwischen kulinarischer Dekadenz, Gelüste und kollektiver Selbstverzauberung erkundet die Veranstaltung die transformative Kraft der Genussfähigkeit entlang persönlicher Essbiografien – von Ost nach West, von Blankenburg und Rodewisch über Berlin bis nach Vietnam.
Was verrät der Appetit über Geschichte? Welche Geschmackserinnerungen sind süß, welche bitter? Und was galt in der DDR eigentlich als dekadenter Luxus?
Genuss war in der DDR kein harmloses Vergnügen, sondern ein politisches Minenfeld. In einem Staat, der Freizeit funktionalisierte, Konsum zentral verwaltete und den nicht normierte Genuss als „negativ dekadent“ markiert. Was schmeckte, was fehlte, was ersehnt wurde – all das war Teil eines Systems, das bis in Träume hinein kontrollieren wollte.
Konsum Made in DDR:
die Schattenwirtschaft, die aus Kontrolle und Mangel entstand. Wie die Jeans – ein Symbol westlicher Freiheit –, genäht von vietnamesischen Vertragsarbeiter*innen und auf informellen Märkten verkauft, erzählt auch diese Geschichte von Ausbeutung, Fremdbestimmung und widersprüchlichen Idealen. Und die Beteiligung der DDR am Aufbau der vietnamesischen Kaffeeindustrie offenbart postkoloniale Machtverhältnisse, getarnt als sozialistische Solidarität.Oder Erinnerungen an das “Woodstock der DDR“ 1973, das Neptun Hotel oder die MS Arkona erzählen von einer tiefen Sehnsucht nach Freiheit in einem System, das Genuss disziplinierte – nicht aus moralischem Eifer, sondern zur eigenen Selbsterhaltung. Inszenierte Wohlstandsoasen sollten von fehlender Bewegungsfreiheit ablenken – Illusionen von Freiheit, die nie allen zugänglich waren.
Heute steht anstelle des Palasthotels in Berlin der zerborstene Aquadom – Symbol für die brüchige Oberfläche heutiger Wohlstandsversprechen. Wo einst sozialistischer Luxus unter Mangelbedingungen inszeniert wurde, steht nun neoliberale Exklusivität. Beide Systeme verbindet ein gemeinsames Erbe: Luxus als glänzende Hülle, hinter der sich soziale Ungleichheit hartnäckig hält. Der Ort wird so zum Sinnbild für die fragilen Narrative der „Wiedervereinigung“ – und für den andauernden Konflikt zwischen Freiheit und Unfreiheit sowie Gleichheit und Ungleichheit.
Vor diesen Erkundungen wird BLEND zu einem subversiven Ort, in dem Genuss kein Produkt, sondern eine Haltung ist: zärtlich, politisch, ungehorsam. Genießen heißt: Großzügigkeit und Gastfreundlichkeit. Einander zuhören, einander füttern, sich gegenseitig umsorgen. Es ist ein Akt der Beziehung, nicht der Transaktion.
Eine Performance von Hai Anh Trieu und Josefine Reisch mit Pham Minh Duc, Nguyen Minh Thu und Annett Hardegen.
In deutscher Lautsprache
Zusätzliche Informationen
Gefördert durch: Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt, Bezirk Friedrichshain Kreuzberg- Projektfond Förderung
Vierte Welt
Vierte Welt
Termine
Oktober 2025
Mo | Di | Mi | Do | Fr | Sa | So |
---|---|---|---|---|---|---|
1
|
2
|
3
|
4
|
5
| ||
6
|
7
|
8
|
9
|
10
|
11
|
12
|
13
|
14
|
15
|
16
|
17
|
18
|
19
|
20
|
21
|
22
|
23
|
24
|
25
|
26
|
27
|
28
|
29
|
30
|
31
|