Direkt zum Inhalt

Denken in Bildern von Gerstenberg bis Scharf

Die Welt ist unruhig, und sie ist schwierig. Wie gut, dass es Inseln gibt! Draußen, im Freien, oder inwendig imaginierte, die man überall finden kann, ob nun zu Hause oder an anderen Orten.



Kunstsammlungen, insbesondere private, sind Inseln der besonderen Art. Ohne Rechtfertigungsdruck sind sie allein den frei gewählten Kriterien des Sammlers unterworfen. Mithin bieten sie einen Rückzugsort, der fernab der Welt ein eigenes Denken in Bildern ermöglicht.


Anlässlich des hundertsten Geburtstags von Dieter und Hilde Scharf beschäftigen sich die „Möglichkeiten einer Insel“ mit der Sammlerleidenschaft des Ehepaares und seiner Tochter Julietta Scharf. Erstmals werden im größeren Umfang diejenigen Werke gezeigt, die nicht zum Bestand der seit 2008 als Dauerleihgabe an die Nationalgalerie in einem eigenen Haus gezeigten Sammlung Scharf-Gerstenberg gehören.


Ausgehend von der berühmten Sammlung seines Großvaters Otto Gerstenberg (1848–1935), hatte Dieter Scharf 2001 eine Stiftung gegründet, aus deren Fundus er für die „Sammlung Scharf-Gerstenberg“ ein Konvolut von rund 350 Werken auswählte. Inhaltlicher Schwerpunkt seiner Sammlertätigkeit war der Surrealismus, doch werden auch seine Vorläufer und Nachfolger mit in den Blick genommen. In den Sammlungsräumen wird auf zwei Etagen ein weites Panorama der fantastischen Kunst geboten, angefangen mit den Werken von Goya, Piranesi oder Redon bis hin zur Art brut von Jean Dubuffet.


Mehr als Surrealismus


Thematisch gehen die „Möglichkeiten einer Insel“ über den erweiterten Surrealismus-Begriff der Sammlung Scharf-Gerstenberg hinaus. Zwei Bodenarbeiten der Schweizer Künstlerin Kavata Mbiti bilden hierfür einen kontrastreichen Ausgangspunkt: die titelgebende Plastik aus weißem Acrystal „Möglichkeiten einer Insel I“ und die dreiteilige schwarze Holzskulptur „Kiel“. Während Erstere an die biomorphen Formfantasien eines Hans Arp oder Hans Bellmers erinnert und eine sich selbst generierende, semiabstrakte Wesenheit zu verkörpern scheint, lässt Letztere an gefährlich kreisende Haifische denken, deren Rückenflossen drohend aus dem Wasser ragen.


Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch – die Ausstellung bietet hierfür einen ganzen Archipel möglicher Themen-Inseln. In 12 Kapiteln geht es um Möglichkeiten, den Bedrohungen und Zumutungen des Alltags mit den Mitteln der Kunst zu begegnen: durch einen Rückzug in die Idylle, ins Private oder in eine andere Zeit, durch Zusammenstellungen eigener Bilderwelten, durch gespinsthafte Systeme, Flucht in Fantastik oder einen ironischen Umgang mit dem, was wir am meisten fürchten – den Tod.


Gezeigt werden rund 150 Gemälde und Aquarelle, Zeichnungen, Grafiken und Skulpturen oder Objekte von berühmten Künstlern wie Alfred Sisley, Auguste Renoir, Egon Schiele, Max Beckmann und Hannah Höch, aber auch von bisweilen weniger bekannten Schöpfern der fantastischen Kunst wie Alfred Kubin, Léon Spilliaert oder Unica Zürn.


Einen weiteren Einblick in die Sammlungen der Familie Scharf gibt vom 24. Oktober 2025 bis 15. Februar 2026 die Alte Nationalgalerie. Auch hier wird ein weiter Bogen von Goya bis zur zeitgenössischen Kunst geschlagen. Doch während Dieter Scharf, wie später seine Tochter Julietta, den Surrealismus in das Zentrum seiner Sammlertätigkeit stellte, legte sein Bruder Walther Scharf, und in der Nachfolge dessen Sohn René, den Schwerpunkt von „The Scharf Collection“ auf den Impressionismus und die klassische Moderne.


Eine Sonderausstellung der Nationalgalerie – Staatliche Museen zu Berlin
Zusätzliche Informationen
Termine
Februar 2026
MoDiMiDoFrSaSo
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28