
Täglich steigen in Berlin Millionen Menschen aus. Sie steigen aus Bussen, Bahnen und Trams, wollen zur Arbeit, Einkaufen oder die Kinder aus der Kita abholen. Dabei haben sie nur ihr Ziel im Blick und verlieren Berlin aus den Augen. Wir wollen das in unserer Blog-Serie anders machen. Ja zum Aussteigen, nein zur Stadtblindheit. Auch wir steigen aus, an Haltestellen die mitunter weniger bekannt sind, aber deren Umgebung Berlinern und Gästen der Stadt eine Menge bietet. Und wir schauen extra genau hin, fassen an, probieren aus, geben uns, mit anderen Worten, die volle Ladung Berlin! Heute in Alt-Tegel...
Ich öffne meine Augen wieder: Mann, ist das schön hier! Ich kann gar nicht glauben, dass ich noch nie hier war und dass mir noch niemand diesen Ort empfohlen hat! Die Weite des Sees, frische Luft, Frühlingsblumen und tolles Wetter – ich fühle mich wie im Urlaub! Dabei bin ich in Tegel. Nein, nicht am Flughafen, sondern in Alt-Tegel, der Endhaltestelle der U6. Vom U-Bahn-Ausgang sind es nur einige hundert Meter auf der Straße "Alt-Tegel" bis zum Tegeler See.
Hier habe ich es mir auf einer Bank am Ufer gemütlich gemacht. Mit einem Eis aus der kleinen Fußgängerzone am U-Bahnhof lässt es sich hier wunderbar aushalten. Während ich mir die Sonne auf die Nase scheinen lasse, beobachte ich die Menschen, die heute auch hierhergekommen sind. Viele spazieren die Greenwichpromenade am See entlang, einige füttern die zahlreichen Enten und Schwäne und andere steigen auf die Sightseeing-Schiffe und freuen sich auf ihre Rundfahrten.
Auf der Suche nach Marie
Ich bin jedoch auch nicht ohne Plan hergekommen: Ich will die Dicke Marie sehen! Der Betrieb auf der Promenade spornt mich an und ich begebe mich auf die Suche. Mein Weg führt am östlichen Ufer des Sees durch den Wald, vorbei an Minigolf-Anlagen und Bootsverleihen. Mir begegnen viele Jogger und Radfahrer – der Tegeler Forst ist offensichtlich sehr beliebt. Es ist aber auch idyllisch hier! Die Sonne wirft ihr Licht durch das Blätterdach und so mancher Baum neigt sich dem Wasser entgegen. Fast am Jachthafen angekommen, entdecke ich plötzlich ein Schild, das in den Wald hinein zeigt: "Dicke Marie"! Nur noch 10 Meter, dann bin ich endlich angekommen: Für über 900 Jahre hat sich der älteste Baum Berlins gut gehalten. Ja, unten sieht man Marie ihr Alter schon an, aber hoch oben, über den Wipfeln der anderen Bäume, erstrahlt sie in frischem Grün! Was die älteste Berlinerin allein im letzten Jahrhundert erlebt hat, ist fast unvorstellbar – Kriege und Zerstörung, die Teilung der Stadt und nicht zuletzt den Mauerfall. Ob sie es hier und heute auch so schön findet wie ich?! Nach einem kurzen Abstecher zum Schloss Tegel, welches heute leider nicht geöffnet ist, kehre ich zum See zurück. Die Schiffe fahren zum Wannsee, nach Potsdam und sogar nach Werder. Kurzentschlossen kaufe ich ein Ticket für eine Havelrundfahrt, denn heute hat sich mal wieder bestätigt: Neue Orte zu erforschen lohnt sich immer!