
Stadtführung, Gruppenreise durch das Nikolaiviertel
Berlin hat viele bekannte Gesichter, die die Geschichte der Stadt prägten. Der Künstler Heinrich Zille ist eines von ihnen. Doch wer war Heinrich Zille und warum ist er für die Berliner Geschichte so besonders? Fragen, die Grund genug für mich sind, auf Spurensuche zu gehen und mehr über den Künstler zu erfahren. Denn obwohl fast 90 Jahre seit seinem Tod vergangen sind, ist Heinrich Zille in der Stadt immer noch allgegenwertig.
Los geht meine Spurensuche in Berlin-Charlottenburg. Hier, in der Sophie-Charlotten-Straße 88, befindet sich das Haus, in dem Zille lange Zeit lebte und 1929 verstarb. Heute erinnert eine Gedenktafel an den einstigen Mieter. Geboren ist Zille übrigens 1858 in der Nähe von Dresden, nicht in Berlin, wie man glauben mag.
Nur ein paar Straßen von seinem Wohnhaus entfernt stehe ich in der Zillestraße. Es wurde aber nicht nur eine Straße nach dem 80. Ehrenbürger Berlins benannt. In Berlin gibt es die Heinrich-Zille-Siedlung, sowie zwei Grundschulen, die seinen Namen tragen. Auch ein Restaurant in Charlottenburg ist nach ihm benannt. Der „Zillemarkt“ in der Bleibtreustraße steht für gutbürgerliche Küche und auch das Ambiente erinnert hier an Zilles Lebzeiten.
Mit den Öffentlichen fahre ich weiter nach Mitte zum Heinrich-Zille-Park, gleich neben einer der beiden Zille-Schulen. Ruhe findet man hier weniger, da der Park zu 90% aus Spielplatz besteht. Dafür finde ich in einem anderen Park in Mitte eine Spur von Zille. Im Köllnischen Park am Märkischen Museum entdecke ich ein Zille-Denkmal aus dem Jahre 1965.
Das Märkische Museum beschäftigt sich vor allem mit der Geschichte Berlins und da ist Zille natürlich ein Thema. Am 1. März 2016 findet hier die Veranstaltung „Der unbekannte Zille“ statt, da lohnt sich sicher ein Besuch, um noch mehr über Zille zu erfahren. Heute mache ich mich aber auf den Weg in sein eigenes Museum.
Das Zille-Museum befindet sich nicht weit entfernt, im Nikolaiviertel. Das kleine, urige und mit viel Liebe gestaltete Museum zeigt viele seiner Werke. Auch ein Film wird hier gezeigt, der eindrucksvoll das Leben Zilles reflektiert. Hier erfahre ich viel über seine Kunst.
Das Besondere in Zilles Zeichnungen und Fotografien: Es stecken Beobachtungen, Erlebtes und eigene Erfahrungen in all seinen Werken. Zille suchte nicht das außergewöhnliche, er dokumentierte das alltägliche Leben auf Berlins Straßen. Niemand konnte in seinen Zeichnungen so gut das Leben der Berliner Unterschicht zur damaligen Zeit widerspiegeln – ein Leben in der Großstadt ganz ohne Glanz und Glamour. „Zilles Milljöh“, das waren die Arbeiterviertel, wo die Menschen lebten, die aus der Gesellschaft ausgegrenzt wurden. Die Orte, die keiner sehen wollte. Zille jedoch sah nicht weg, sondern hielt in seinen Zeichnungen alles fest, so dass wir bis heute einen unverfälschten Einblick in das Berliner Leben vor 100 Jahren bekommen können.
Doch nicht nur das Museum erinnert im Nikolaiviertel an den großen Meister der Stadt. Hier hat er so einige Spuren hinterlassen. Gleich nebenan warten mit der „Zille Destille“ und der „Zillestube“ zwei weitere Gaststätten mit typischen Berliner Spezialitäten. Außerdem entdecke ich ein weiteres Denkmal von Zille, diesmal aus dem Jahr 2008 und es ist nicht irgendein Denkmal – es handelt sich um eine Talking Statue. Das besondere daran: Das Denkmal steht nicht einfach nur da, mittels QR-Code kann man sich von der Person vor einem anrufen lassen und so spannende Geschichten aus deren Leben erfahren. Noch lebendiger kann man Zille wohl nur noch im Theater im Nikolaiviertel erleben. Hier steht mit „Zille sein Milljöh“ ein musikalisch-szenischer Spaziergang durch Zilles Berlin auf dem Spielplan. In Köpenick gibt es übrigens noch ein weiteres Theater, welches sich auf Zille spezialisiert hat – Zilles Stubentheater ist nebenbei das kleinste Theater Berlins. So und damit beende ich meine Spurensuche. Ich bin überrascht, wie viel ich über Heinrich Zille in Berlin entdeckt habe und freue mich auf meine nächste Spurensuche, auf wessen Spuren ich wohl als nächstes wandle? ... Geschrieben von Fiona Bonke