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"Will man Völker liquidieren … nimmt man ihnen zuerst das Gedächtnis. Man vernichtet ihre Bücher, ihre Bildung, ihre Geschichte. Und irgendwer schreibt ihnen andere Bücher, gibt ihnen eine andere Bildung und erfindet ihnen eine neue Geschichte. Das Volk beginnt langsam zu vergessen, was es war und was es ist. Die Welt rundum vergißt es noch schneller.“
– Milan Kundera, Das Buch vom Lachen und Vergessen, 1980
The Struggel of Memory im Palais Populaire
Gesellschaften brauchen Kontinuität und den Bezug zur Vergangenheit. Nur so lässt sich gesellschaftlicher Zusammenhalt bewahren. Menschen müssen wissen, woher sie kommen, um mit der Gegenwart und den Herausforderungen der Zukunft umgehen zu können.
Zu den verheerendsten Folgen des Sklavenhandels und des europäischen Kolonialismus in Afrika gehören die Entwertung und Zerstörung der vorkolonialen Geschichte und Kultur. Die afrikanischen Artefakte in den westlichen Museen stehen nicht nur für den Raub von Menschen und materiellem Erbe, der in den kolonisierten Ländern begangen wurde. Sie stehen auch für die rücksichtslose Unterwerfung, Aushöhlung und Zersetzung von Kultur.
Restitution ist nur ein Schritt auf einem langen Weg, auf dem es darum geht, Erinnerungen zu rekonstruieren, kulturelle Identität nicht nur wiederherzustellen, sondern neu zu erfinden. Künstler*innen gehen dabei neue, andere Wege. Sie arbeiten sich durch Familienarchive, graben individuelle Geschichten und fast vergessene Überlieferungen aus. Oder sie imaginieren andere Machtverhältnisse und konstruieren alternative Erzählungen.
Der erste Teil der Ausstellung The Struggle of Memory versammelt Kunstwerke, die auf unterschiedliche Weise untersuchen, wie der Körper Erfahrungen wahrnimmt, verarbeitet, speichert und wieder abruft. Viele Künstler*innen beschäftigen sich mit der Kluft zwischen persönlichen und offiziellen Geschichten von Vertreibung und Verlust geht.
Sie arbeiten mit Fragmenten und Spuren der Geschichte, spielen mit Wiederholungen und Bildern, zeigen die Bedeutung der Sprache für Erinnerung und Widerstand, wie sie uns durch alle Zeiten erreicht. Sie ermutigen uns, alle unsere Sinne einzusetzen, um mehr zu erfahren und uns zu erinnern. Sie untersuchen die Verschiebungen zwischen Fakten und Fiktion, stellen Verbindungen zur Vergangenheit her, um die Leerstellen und Erinnerungslücken zu füllen, die die Kolonialgeschichte hinterlassen hat.
Anawana Haloba erforscht die Fragilität von Sprache, Kultur und Identität und untersucht die Verbindungslinien zwischen Menschen über den Atlantik hinweg. Berni Searle zeigt Stereotypen rassistischen Denkens auf. Sie beschäftigt sich mit dem Gewürzhandel der Kolonien und seiner engen Verbindung mit der Sklaverei und der schwierigen Identitätsfindung in Südafrika nach dem Ende der Apartheid. Kara Walker greift auf die Berichte von Sklaven zurück. In ihren mit Sexualität und Gewalt aufgeladene Silhouetten verschwimmen die Grenzen zwischen Realität und Fiktion.
The Struggel of Memory im Palais Populaire
Samuel Fosso erforscht in seinen Selbstporträts, wie Identität entsteht, und stellt vor der Kamera traumatische Erlebnisse nach, um die Vergangenheit zu verarbeiten. Mohamed Camara spielt in seinen Aufnahmen mit Schatten und schafft geheimnisvolle, poetische Szenerien, die im Kontrast zu den gängigen Bildern von Afrika stehen, die Armut und Gewalt in den Vordergrund stellen. Lebohang Kganye erzählt in einer Serie von nur scheinbar unzusammenhängenden Bildern die Geschichte ihrer Familie.
Toyin Ojih Odutola und Wangechi Mutu untersuchen die Haut als Ort der Erinnerung, indem sie sie mit Spuren, Markierungen und Fragmenten überziehen und zeigen damit, wie komplex Identität ist.
Mikhael Subotzky untersucht die Diskrepanz zwischen offiziellen Narrativen und persönlichen Erinnerungen und zeigt, wie komplex und schwierig der Prozess des Erinnerns ist.
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Adresse
Unter den Linden 510117 Berlin